Newsletter Oktober 2024
KI-Verordnung (AI Act)
Die EU-Verordnung über künstliche Intelligenz (KI-Verordnung / AI-Act) ist am 01.08.2024 in Kraft getreten. In diesem Newsletter stellen wir Ihnen einige der umfangreichen Regelungen dieser Verordnung (EU) 2024/1689 vor.
1. KI-Systeme
Ein KI-System im Sinne der KI-Verordnung ist nach der Begriffsbestimmung in deren Art. 3 Nr. 1 ein maschinengestütztes System, das für einen in unterschiedlichem Grad autonomen Betrieb ausgelegt ist, das nach seiner Betriebsaufnahme anpassungsfähig sein kann und das aus den erhaltenen Eingaben für explizite oder implizite Ziele ableitet, wie Ausgaben wie etwa Vorhersagen, Inhalte, Empfehlungen oder Entscheidungen erstellt werden, die physische oder virtuelle Umgebungen beeinflussen können.
Ein wesentliches Merkmal der Abgrenzung eines KI-Systems von einfachen Formen der Datenverarbeitung und klassischen Algorithmen ist nach dieser Definition der KI-Verordnung die Fähigkeit zur Ableitung. Dazu heißt es im 12. Erwägungsgrund der KI-Verordnung:
„Ein wesentliches Merkmal von KI-Systemen ist ihre Fähigkeit, abzuleiten. Diese Fähigkeit bezieht sich auf den Prozess der Erzeugung von Ausgaben, wie Vorhersagen, Inhalte, Empfehlungen oder Entscheidungen, die physische und digitale Umgebungen beeinflussen können, sowie auf die Fähigkeit von KI-Systemen, Modelle oder Algorithmen oder beides aus Eingaben oder Daten abzuleiten. Zu den Techniken, die während der Gestaltung eines KI-Systems das Ableiten ermöglichen, gehören Ansätze für maschinelles Lernen, wobei aus Daten gelernt wird, wie bestimmte Ziele erreicht werden können, sowie logik- und wissensgestützte Konzepte, wobei aus kodierten Informationen oder symbolischen Darstellungen der zu lösenden Aufgabe abgeleitet wird. Die Fähigkeit eines KI-Systems, abzuleiten, geht über die einfache Datenverarbeitung hinaus, indem Lern-, Schlussfolgerungs- und Modellierungsprozesse ermöglicht werden.“
Neben einem Katalog von verbotenen Praktiken im KI-Bereich richten sich nach dem risikobasierten Ansatz der KI-Verordnung die zu beachtenden Vorschriften nach der Einstufung des KI-Systems.
2. Verbotene Praktiken im KI-Bereich
Art. 5 der KI-Verordnung enthält eine Auflistung von Praktiken, die im KI-Bereich verboten sind. Zu den bei Vorliegen der darin näher definierten Umstände verbotenen Praktiken gehören z.B. solche des Social Scorings (Art. 5 Abs. 1 Buchst. c) und des Predictive Profilings im Bereich der Strafverfolgung (Art. 5 Abs. 1 Buchst. d).
Außerdem richten sich die Verbotstatbestände des Art. 5 des AI Act gegen durch das ungezielte Auslesen von Gesichtsbildern aus dem Internet oder von Überwachungsaufnahmen erstellte oder erweiterte Gesichtsdatenbanken (Art. 5 Abs. 1 Buchst. e) sowie gegen KI-Systeme zur Emotionserkennung am Arbeitsplatz und in Bildungseinrichtungen, (mit Ausnahme von solchen zu medizinischen oder Sicherheitszwecken, Art. 5 Abs. 1 Buchst. f) oder zur biometrischen Kategorisierung (mit Ausnahme der Kennzeichnung oder Filterung rechtmäßig erworbener biometrischer Datensätze, wie z.B. Bilder auf der Grundlage biometrischer Daten oder die Kategorisierung biometrischer Daten im Bereich der Strafverfolgung, Art. 5 Abs. 1 Buchst. g).
Zudem ist die Verwendung biometrischer Echtzeit-Fernidentifizierungssysteme in öffentlich zugänglichen Räumen zu Strafverfolgungszwecken nur unter engen Voraussetzungen zulässig (Art. 5 Abs. 1 Buchst. h, Abs. 2 – 7 der KI-Verordnung).
Des Weiteren enthält Art. 5 Abs. 1 der KI Verordnung Verbote zum Schutz vor Techniken der unterschwelligen Beeinflussung (Art. 5 Abs. 1 Buchst. a) sowie zum Schutz vor der Ausnutzung der Vulnerabilität von Personen oder Gruppen aufgrund ihres Alters, einer Behinderung oder einer bestimmten sozialen oder wirtschaftlichen Situation (Art. 5 Abs. 1 Buchst. b).
3. Hochrisiko KI-Systeme
Ein KI-System gilt nach Art. 6 Abs. 1 der KI-Verordnung als Hochrisiko-KI-System, wenn die beiden folgenden Bedingungen erfüllt sind:
a) das KI-System soll als Sicherheitsbauteil eines unter die in Anhang I der KI-Verordnung aufgeführten Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union fallenden Produkts verwendet werden oder das KI-System ist selbst ein solches Produkt;
b) das Produkt, dessen Sicherheitsbauteil gemäß Buchstabe a das KI-System ist, oder das KI-System selbst als Produkt muss einer Konformitätsbewertung durch Dritte im Hinblick auf das Inverkehrbringen oder die Inbetriebnahme dieses Produkts gemäß den in Anhang I aufgeführten Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union unterzogen werden.
Zusätzlich gelten gemäß Art. 6 Abs. 2 der KI-Verordnung die in Anhang III der KI-Verordnung genannten KI-Systeme als hochriskant, außer wenn diese gemäß den in Art. 6 Abs. 3 der KI-Verordnung bezeichneten Voraussetzungen kein erhebliches Risiko der Beeinträchtigung in Bezug auf die Gesundheit, Sicherheit oder Grundrechte natürlicher Personen bürgen.
Zu den gemäß Anhang III der KI-Verordnung genannten Hochrisiko-KI-Systemen gehören z.B. solche der Biometrie und der kritischen Infrastruktur, aber auch solche aus den Bereichen der allgemeinen und beruflichen Bildung sowie der Beschäftigung und des Personalmanagements unter den in Anhang III näher definierten Umständen.
An Hochrisiko-KI-Systeme im Sinne des Art. 6 der KI-Verordnung stellt diese in den Art. 8 – 15 der KI-Verordnung besondere Anforderungen. Dazu gehören:
• Art. 9 KI-VO: Risikomanagementsystem
• Art. 10 KI-VO: Daten-Governance
• Art. 11 KI-VO: Technische Dokumentation
• Art. 12 KI-VO: Aufzeichnungspflichten
• Art. 13 KI-VO: Transparenz und Bereitstellung von Informationen für die Betreiber
• Art. 14 KI-VO: Menschliche Aufsicht
• Art. 15 KI-VO: Genauigkeit, Robustheit und Cybersicherheit
4. Transparenzpflichten für Anbieter und Betreiber bestimmter KI-Systeme
Für bestimmte KI-Systeme werden in Art. 50 der KI-Verordnung auch bereits unterhalb der Schwelle von Hochrisiko-KI-Systemen Transparenzpflichten normiert. Diese betreffen insbesondere folgende Aspekte:
• Art. 50 Abs. 1 KI-VO: Information einer Person darüber, dass sie mit einem KI-System interagiert
• Art. 50 Abs. 2 KI-VO: Kennzeichnung von mittels KI erzeugten Audio-, Bild-, Video- oder Textinhalten
• Art. 50 Abs. 3 KI-VO: Information von betroffenen Personen durch Betreiber eines Emotionserkennungssystems oder eines Systems zur biometrischen Kategorisierung
• Art. 50 Abs. 4 KI-VO: Kennzeichnung von Deepfakes
5. KI-Modelle mit allgemeinem Verwendungszweck
Des Weiteren enthalten die Art. 51 ff. der KI-Verordnung umfangreiche Regelungen zu in der KI-Verordnung sogenannten „KI-Modellen mit allgemeinem Verwendungszweck“, die unter anderem Foundation Models und generative KI betreffen.
So sehen die Regelungen in Art. 53 f. der KI-Verordnung insbesondere Dokumentations- und Informationspflichten für Anbieter von KI-Modellen mit allgemeinem Verwendungszweck und für Bevollmächtigte solcher Anbieter vor.
Als besondere Kategorie sieht die KI-Verordnung zudem eine Einstufung als „KI-Modell mit allgemeinem Verwendungszweck mit systemischem Risiko“ vor, wenn die in Art. 51 Abs. 1 der KI-Verordnung genannten Bedingungen vorliegen. Gemäß Art. 51 Abs. 2 KI-VO wird ein solches insbesondere dann angenommen, wenn die für das Training des KI-Modells verwendeten Berechnung mehr als 1025 Gleitkommaoperationen (Flops) betragen. Für solche potentiell besonders wirkmächtigen KI-Modelle sieht die Regulierung in der KI-Verordnung weitergehende Pflichten vor (Art. 55 KI-VO).
6. Inkrafttreten und Geltungsbeginn
Die KI-Verordnung ist am 01.08.2024 in Kraft getreten.
Art. 113 der KI-Verordnung sieht einen gestaffelten Geltungsbeginn der Vorschriften der KI-Verordnung vor wie folgt:
Ab dem 02.02.2025 gelten die Vorschriften in Kapitel I (Art. 1 – 4) und II (Art. 5) der KI-Verordnung. Demgemäß gelten insbesondere die in Art. 5 KI-VO geregelten Verbote für bestimmte Praktiken im KI-Bereich bereits ab dem 02.02.2025.
Ab dem 02.08.2025 gelten zudem die Vorschriften in Kapitel III Abschnitt 4 (Art. 28 – 39), Kapitel V (Art. 51 – 56), Kapitel VII (Art. 64 – 70) und Kapitel XII (mit Ausnahme des Art. 101, somit Art. 99 und 100) sowie Artikel 78.
Ab dem 02.08.2026 gelten alle Vorschriften der KI-Verordnung (mit Ausnahme des Art. 6 Abs. 1 und den entsprechenden Pflichten, welcher erst ab dem 02.08.2027 gilt).
Newsletter August 2024
Anstehende Neuerungen des Unions-Designrechts
Bereits am 14.03.2024 hat das EU-Parlament die Legislativvorschläge für zwei Regelungen angenommen, die das Designrecht in der Union betreffen:
- Einerseits die neue “Design-Richtlinie“(„Design-RiLi“), und
- Andererseits die Verordnung zur Änderung der derzeit geltenden Verordnung (EG) Nr. 6/2002 über das Unionsdesign („UDV“)
Zu den (wesentlichen) Änderungen
Das „Gemeinschaftsgeschmacksmuster“ wird künftig als „Unionsdesign“ (nach Art. 1 Nr. 1 UDV) genannt werden.
Zudem wird der Schutzgegenstand durch die Neudefinierung der Begriffe „Design“ und „Erzeugnis“ in Art. 2 Design-RiLi und Art. 3 UDV erweitert. In Ergänzung ist zukünftig ein Erzeugnis jeder industrielle oder handwerkliche Gegenstand, unabhängig ob dies digital oder „analog“ vorliegt. Daher fallen zukünftig auch Innenräume und grafische Anwenderschnittstellen, insbesondere Objekte des Metaverse oder NFT-Objekte unter den Designschutz. Ausgeschlossen bleiben aber weiterhin Computerprogramme.
Als Eintragungssymbol für das eingetragene nationale Design und das eingetragene Unionsdesign sehen Art. 24 Design-RiLi und Art. 26a UDV die Möglichkeit für den Inhaber vor, das Design mit einen „D im Kreis“ als Eintragungssymbol zu benutzen. Dies wurde wohl von dem bereits bestehende „R im Kreis“ Zeichen (Registrierte Marke) inspiriert.
Zu den Änderungen der Kosten und Gebühren:
Künftig müssen die einzelnen Designs einer Sammelanmeldung nicht mehr in dieselbe Locarno-Erzeugnisklasse fallen.
Die Anmeldegebühr wird künftig für das erste Design € 350,-- und für jedes weitere (2. bis 50.) € 125,-- betragen.
Die Kosten der Verlängerung werden sich aber erhöhen:
Die Verlängerungsgebühren werden sich künftig auf € 150,-- für die 1. Verlängerungsgebühr pro Design belaufen.
Die 2. Verlängerungsgebühr wird € 250,-- pro Design betragen.
Die 3. Verlängerungsgebühr wird € 400,-- pro Design betragen und die 4. Verlängerungsgebühr wird € 700,-- pro Design betragen.
Die Verlängerungsgebühren erhöhen sich folglich durchaus erheblich.
Sollten Sie Fragen zu der Gesetzesänderung haben, stehen wir Ihnen gerne beratend zur Seite.
Newsletter 01/2023
Hinweisgeberschutzgesetz
Am 02.07.2023 ist das Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft getreten. Daraus ergibt sich für viele Unternehmen Handlungsbedarf, insbesondere im Hinblick auf die Verpflichtung zur Einrichtung und zum Betrieb interner Meldestellen. Bei nicht rechtzeitiger Umsetzung dieser Verpflichtung droht ein Bußgeld.
Das Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen (Hinweisgeberschutzgesetz – HinSchG) dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1937 (Whistleblower-Richtline).
Es regelt insbesondere den Schutz von natürlichen Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an die nach diesem Gesetz vorgesehenen Meldestellen melden oder offenlegen (hinweisgebende Personen).
Es gilt für die Meldung und Offenlegung von Informationen unter anderem über Verstöße im Rahmen einer beruflichen, unternehmerischen oder dienstlichen Tätigkeit, die strafbewehrt sind oder die bußgeldbewehrt sind, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient, sowie Verstöße gegen diverse in § 2 HinSchG aufgelistete nationale und EU-Rechtvorschriften.
Ausgenommen vom Anwendungsbereich des HinSchG sind nach dessen § 5 jedoch beispielsweise Informationen, die die nationale Sicherheit oder wesentliche Sicherheitsinteressen des Staates betreffen sowie nachrichtendienstliche Informationen.
Unter Meldungen sind gem. § 3 Abs. 4 HinSchG Mitteilungen von Informationen über Verstöße an interne Meldestellen oder externe Meldestellen zu verstehen.
Personen, die beabsichtigen, Informationen über einen Verstoß zu melden, können wählen gem. § 7 Abs. 1 S. 2 HinSchG wählen, ob sie sich an eine interne Meldestelle oder eine externe Meldestelle wenden.
In § 7 Abs. 1 S. 2 HinSchG heißt es zwar, dass Personen in den Fällen, in denen intern wirksam gegen den Verstoß vorgegangen werden kann und sie keine Repressalien befürchten, die Meldung an eine interne Meldestelle bevorzugen sollten. Diese Bestimmung ist aber lediglich als Soll-Vorschrift ausgestaltet und stellt somit keinen zwingenden Vorrang einer internen Meldung gegenüber einer externen Meldung dar. Es besteht vielmehr ein Wahlrecht der hinweisgebenden Person zwischen interner und externer Meldung.
Klarstellend bestimmt § 7 Abs. 1 S. 3 HinSchG, dass es der hinweisgebenden Person unbenommen bleibt, sich an eine externe Meldestelle zu wenden, wenn einem intern gemeldeten Verstoß nicht abgeholfen wurde.
Zudem sind in Bezug auf die Meldestellen der Grundsatz der Vertraulichkeit (§ 8 HinSchG) nebst Ausnahmen hiervon (§ 9 HinSchG), die Verarbeitung personenbezogener Daten (§ 10 HinSchG) und die Dokumentation von Meldungen (§ 11 HinSchG) gesetzlich geregelt.
Nach § 12 Abs. 1 und 2 HinSchG sind Beschäftigungsgeber mit jeweils in der Regel mindestens 50 Beschäftigten dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, dass bei ihnen mindestens eine Stelle für interne Meldungen eingerichtet ist und betrieben wird, an die sich Beschäftigte wenden können (interne Meldestelle).
Abweichend hiervon gilt für bestimmte Beschäftigungsgeber, welche in § 12 Abs. 3 HinSchG aufgelistet sind (z.B. Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Börsenträger) die Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle unabhängig von der Zahl der Beschäftigten.
Beschäftigungsgeber sind nach der Definition in § Abs. 9 HinSchG, sofern mindestens eine Person bei ihnen beschäftigt ist, natürliche Personen sowie juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts (Nr. 1), rechtsfähige Personengesellschaften (Nr. 3) und sonstige, nicht in den Nummern 1 und 2 genannte rechtsfähige Personenvereinigungen.
Das Hinweisgeberschutzgesetz ist am 02.07.2023 in Kraft getreten. Nach § 42 Abs. 1 S. 1 HinSchG müssen jedoch private Beschäftigungsgeber mit in der Regel 50 bis 249 Beschäftigten ihre internen Meldestellen erst ab dem 17.12.2023 einrichten. Diese Übergangsregelung gilt jedoch nicht für die in § 12 Abs. 3 HinSchG genannten Beschäftigungsgeber.
Wer entgegen § 12 Abs. 1 S. 1 nicht dafür sorgt, dass eine interne Meldestelle eingerichtet ist und betrieben wird, handelt ordnungswidrig (§ 40 Abs. 2 Nr. 2 HinSchG). Die Ordnungswidrigkeit einer unterbliebenen Einrichtung bzw. eines unterbliebenen Betriebs einer internen Meldestelle mit einer Geldbuße bis zu 20.000,00 € geahndet werden (§ 40 Abs. 6 S. 1 HinSchG). Nach der Übergangsregelung in § 42 Abs. 2 HinSchG ist die Ordnungswidrigkeitsvorschrift des § 40 Abs. 2 Nr. 2 HinSchG erst ab dem 01.12.2023 anzuwenden.
Gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 HinSchG errichtet der Bund beim Bundesamt für Justiz eine Stelle für externe Meldungen (externe Meldestelle des Bundes).
Zudem kann jedes Bundesland gem. § 20 HinSchG eine eigene externe Meldestelle einrichten für Meldungen, die die jeweilige Landesverwaltung und die jeweiligen Kommunalverwaltungen betreffen.
Außerdem sind die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und das Bundeskartellamt externe Meldestelle für Verstöße in den in §§ 21, 22 HinSchG genannten Bereichen.
Ferner richtet der Bund nach § 23 HinSchG eine weitere externe Meldestelle ein für externe Meldungen, die die externe Meldestelle des Bundes nach § 19 HinSchG betreffen.
Unter einer Offenlegung im Sinne des Hinweisgeberschutzgesetzes ist gem. § 3 Abs. 5 HinSchG das Zugänglichmachen von Informationen über Verstöße gegenüber der Öffentlichkeit zu verstehen.
Nach § 32 Abs. 1 HinSchG fallen Personen, die Informationen über Verstöße offenlegen, fallen unter die Schutzmaßnahmen des Hinweisgeberschutzgesetzes, wenn sie zunächst gemäß Abschnitt 2 Unterabschnitt 4 des Hinweisgeberschutzgesetzes eine externe Meldung erstattet haben und hierauf innerhalb der Fristen für eine Rückmeldung nach § 28 Absatz 4 HinSchG keine geeigneten Folgemaßnahmen nach § 29 HinSchG ergriffen wurden oder sie keine Rückmeldung über das Ergreifen solcher Folgemaßnahmen erhalten haben oder sie hinreichenden Grund zu der Annahme hatten, dass der Verstoß wegen eines Notfalls, der Gefahr irreversibler Schäden oder vergleichbarer Umstände eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses darstellen kann, im Fall einer externen Meldung Repressalien zu befürchten sind oder Beweismittel unterdrückt oder vernichtet werden könnten, Absprachen zwischen der zuständigen externen Meldestelle und dem Urheber des Verstoßes bestehen könnten oder aufgrund sonstiger besonderer Umstände die Aussichten gering sind, dass die externe Meldestelle wirksame Folgemaßnahmen nach § 29 HinSchG einleiten wird.
Das Offenlegen unrichtiger Informationen über Verstöße ist nach § 32 Abs. 2 HinSchG verboten.
In §§ 35 bis 37 HinSchG sind Schutzmaßnahmen geregelt, welche gem. § 33 HinSchG auf hinweisgebende Personen anwendbar sind, sofern diese intern gemäß § 17 HinSchG oder extern gemäß § 28 HinSchG Meldung erstattet haben oder eine Offenlegung gemäß § 32 HinSchG vorgenommen haben, die hinweisgebende Person zum Zeitpunkt der Meldung oder Offenlegung hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass die von ihr gemeldeten oder offengelegten Informationen der Wahrheit entsprechen und die Informationen Verstöße betreffen, die in den Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes fallen oder die hinweisgebende Person zum Zeitpunkt der Meldung oder Offenlegung hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass dies der Fall sei.
Die Schutzmaßnahmen gemäß §§ 35 bis 37 HinSchG gelten entsprechend für natürliche Personen, die die hinweisgebende Person bei einer internen oder externen Meldung oder einer Offenlegung im beruflichen Zusammenhang vertraulich unterstützen, sofern die in § 34 HinSchG bestimmten Voraussetzungen vorliegen.
Hierzu gehört das Verbot von Repressalien nach § 36 Abs. 1 HinSchG sowie ein Schadensersatzanspruch (§ 37 Abs. 1 HinSchG) nebst Beweislastumkehr (§ 36 Abs. 2 HinSchG) zugunsten der hinweisgebenden Person, wenn diese eine Benachteiligung im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit infolge einer Meldung oder Offenlegung im Sinne des Hinweisgeberschutzgesetzes erleidet.
Des Weiteren kann nach § 35 Abs. 1 HinSchG eine hinweisgebende Person nicht für die Beschaffung von oder den Zugriff auf Informationen, die sie gemeldet oder offengelegt hat, rechtlich verantwortlich gemacht werden, sofern die Beschaffung nicht als solche oder der Zugriff nicht als solcher eine eigenständige Straftat darstellt.
Zudem bestimmt § 35 Abs. 2 HinSchG, dass eine hinweisgebende Person keine Offenlegungsbeschränkungen verletzt und nicht für die bei einer Meldung oder Offenlegung erfolgte Weitergabe von Informationen rechtlich verantwortlich gemacht werden kann, sofern sie hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass die Weitergabe der Informationen erforderlich war, um einen Verstoß aufzudecken.
Andererseits ist jedoch im Falle einer Falschmeldung die hinweisgebende Person zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Meldung oder Offenlegung unrichtiger Informationen entstanden ist (§ 38 HinSchG).
Bei Beratungsbedarf im Zusammenhang mit dem Hinweisgeberschutzgesetz stehen wir gerne zur Verfügung.
Newsletter 05/2022
Newsletter 05/2022: Entscheidung des EUIPO vom 16.11.2022 - Löschung Nr. C 50 132 und C 50 133
Umfangreiche Teillöschung der Unionsmarken RTL (014 884 911 und 014 884 894) durch das EUIPO
Das EUIPO hat zu dieser Argumentation der Bekanntheit festgestellt, dass Gegenstand des Verfallsverfahrens die rechtserhaltende Benutzung der Marke ist und der Begriff der „Bekanntheit“ nicht mit der „Benutzung“ gleichzusetzen ist. Somit belegt selbst eine Bekanntheit einer Marke nicht notwendigerweise ihre ernsthafte Benutzung im relevanten Zeitraum. Die Benutzung muss in jedem Fall nachgewiesen werden. Kann keine Benutzung nachgewiesen werden, so ist die Marke zu löschen.
Die Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig und es ist davon auszugehen, dass die RTL Group Markenverwaltungs GmbH in die Beschwerde gehen dürfte.
Wie bereits bei der Entscheidung des EUIPO zur Löschung der Marke „BIG MAC“ von McDonalds vom 11.01.2019 scheut sich das EUIPO nicht, auch bekannte Marken zu löschen, wenn deren Benutzung in den letzten fünf Jahren nicht nachgewiesen werden kann. Der vermeintliche Verweis, die Marke sei bekannt, ersetzt nicht den Nachweis der rechtserhaltenden Benutzung.
Ein Grundsatz im Markenrecht besagt, dass eingetragene Marken nach Ablauf der fünfjährigen Benutzungsschonfrist benutzt werden müssen, um geschützt zu bleiben. Die Benutzung muss dabei für diejenigen Waren und Dienstleistungen erfolgen, für die die Marke Schutz beansprucht. Solange diese Voraussetzung erfüllt ist – und der Inhaber die Gebühren bezahlt – kann eine Marke grundsätzlich „ewig“ leben.
Die Benutzung der Marke muss ernstlich erfolgen und einen relevanten Teil des jeweils angesprochenen Marktes erreichen. Nur so gilt sie als (marken)rechtserhaltend. Auf Antrag, den vor dem EUIPO grundsätzlich jeder stellen kann, muss der Markeninhaber die tatsächlich erfolgte Benutzung der Marke nachweisen. Kann er das nicht, wird die Marke gelöscht – der Markeninhaber verliert sein Recht an der Marke.
Im Rahmen der Unionsmarkenverordnung wie auch des deutschen Markengesetzes obliegt es dem Markeninhaber, die Markenbenutzungen zu dokumentieren, sodass die markenmäßige Benutzung nachgewiesen werden kann.
Ein Markeninhaber sollte daher frühzeitig, am besten jedes Jahr, Benutzungsnachweise sammeln und diese dokumentieren, sodass er für den Fall, dass gegen eine seiner Marken ein Antrag auf Verfall wegen Nichtbenutzung erhoben werden sollte, die Benutzung nachweisen kann.
Auch wenn die Marke bereits eine gewisse Bekanntheit erlangt hat, sollte dies vom Markeninhaber dennoch vorgenommen werden, da er bei dieser Dokumentation zugleich erkennen wird, welche Waren und Dienstleistungen seiner Marke aktuell unbenutzt sind.
Sollten Sie wünschen, die Beschlüsse des EUIPO im Volltext zu erhalten, so können Sie sich gerne an uns wenden. Wir werden Ihnen die Beschlüsse mit den erforderlichen Schwärzungen zukommen lassen.
Newsletter 04/2022
Gesetzesänderungen im UWG zum 28.05.2022 –
Transparenzpflichten bei Bewertungen, Verbraucherschadensersatz u.a.
Mit Wirkung zum 28.05.2022 sind Neuregelungen im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Kraft getreten. Diese betreffen unter anderem Transparenzpflichten bei Bewertungen, Rankings und Online-Marktplätzen sowie die Einführung eines individuellen Schadensersatzanspruchs für Verbraucher bei unlauteren geschäftlichen Handlungen. Einige der gesetzlichen Neuregelungen stellen wir Ihnen in diesem Newsletter vor.
Mit dem ab dem 28.05.2022 geltenden, neu eingefügten § 5b UWG werden weitere Informations- und Transparenzpflichten gesetzlich normiert. Absatz 3 dieser neuen gesetzlichen Bestimmung enthält Vorgaben zu Bewertungen. § 5b Abs. 3 UWG lautet:
§ 5b Abs. 3 UWG
Macht ein Unternehmer Bewertungen zugänglich, die Verbraucher im Hinblick auf Waren oder Dienstleistungen vorgenommen haben, so gelten als wesentlich Informationen darüber, ob und wie der Unternehmer sicherstellt, dass die veröffentlichten Bewertungen von solchen Verbrauchern stammen, die die Waren oder Dienstleistungen tatsächlich genutzt oder erworben haben.
Zu den vom Unternehmen gemäß § 5 Abs. 3 UWG bereitzustellenden Informationen heißt es in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/27873, 37):
„Der Unternehmer muss darüber informieren, ob er vor Veröffentlichung der Verbraucherbewertungen Maßnahmen zur Überprüfung ihrer Echtheit trifft. Ergreift er gar keine Maßnahmen, muss er auch über diesen Umstand informieren. Wenn der Unternehmer entsprechende Maßnahmen ergreift, muss er Informationen darüber bereitstellen, welche Prozesse und Verfahren er zur Prüfung der Echtheit der Verbraucherbewertungen ergreift. Beispielsweise kann der Unternehmer nur solche Bewertungen von Verbraucherinnen oder Verbrauchern zulassen, die die betreffenden Waren oder Dienstleistungen auch über seine Plattform erworben haben. Bereitgestellt werden müssen auch eindeutige Informationen dazu, wie mit Bewertungen im Rahmen dieses Prüfprozesses umgegangen wird, etwa nach welchen Kriterien Bewertungen aussortiert werden und ob alle Bewertungen — positive wie negative — veröffentlicht werden.“
Die gesetzliche Regelung in § 5 Abs. 3 UWG wird flankiert von zwei ebenfalls mit Wirkung ab dem 28.05.2022 als Nr. 23b und 23c neu eingefügten Bestimmungen im Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG. Danach gehören zu den gegenüber Verbrauchern stets unzulässigen Handlungen:
23b. Irreführung über die Echtheit von Verbraucherbewertungen
die Behauptung, dass Bewertungen einer Ware oder Dienstleistung von solchen Verbrauchern stammen, die diese Ware oder Dienstleistung tatsächlich erworben oder genutzt haben, ohne dass angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen zur Überprüfung ergriffen wurden, ob die Bewertungen tatsächlich von solchen Verbrauchern stammen;
23c. gefälschte Verbraucherbewertungen
die Übermittlung oder Beauftragung gefälschter Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern sowie die falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern in sozialen Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung;
Neu im UWG eingefügt wurden zudem mit Wirkung ab dem 28.05.2022 gesetzliche Regelungen zu Rankings. Hierzu ist nun in § 5b Abs. 2 UWG geregelt:
5b Abs. 2 UWG
Bietet ein Unternehmer Verbrauchern die Möglichkeit, nach Waren oder Dienstleistungen zu suchen, die von verschiedenen Unternehmern oder von Verbrauchern angeboten werden, so gelten unabhängig davon, wo das Rechtsgeschäft abgeschlossen werden kann, folgende allgemeine Informationen als wesentlich:
- die Hauptparameter zur Festlegung des Rankings der dem Verbraucher als Ergebnis seiner Suchanfrage präsentierten Waren oder Dienstleistungen sowie
- die relative Gewichtung der Hauptparameter zur Festlegung des Rankings im Vergleich zu anderen Parametern.
Die Informationen nach Satz 1 müssen von der Anzeige der Suchergebnisse aus unmittelbar und leicht zugänglich sein. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Betreiber von Online-Suchmaschinen im Sinne des Artikels 2 Nummer 6 der Verordnung (EU) 2019/1150 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten (ABl. L 186 vom 11.7.2019, S. 57).
Unter den in § 5a UWG näher geregelten Umständen handelt ein Unternehmer unlauter, wenn er dem Verbraucher wesentliche Informationen vorenthält (Irreführung durch Unterlassung). In dem zum 28.05.2022 neu eingefügten § 5b Abs. 1 UWG hat der Gesetzgeber Informationen aufgelistet, die als wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 1 UWG gelten. § 5b Abs. 1 UWG lautet:
5b Abs. 1 UWG:
Werden Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, so gelten die folgenden Informationen als wesentlich im Sinne des § 5a Absatz 1, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben:
- alle wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung in dem der Ware oder Dienstleistung und dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Umfang,
- die Identität und Anschrift des Unternehmers, gegebenenfalls die Identität und Anschrift desjenigen Unternehmers, für den er handelt,
- der Gesamtpreis oder in Fällen, in denen ein solcher Preis auf Grund der Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- und Zustellkosten oder in Fällen, in denen diese Kosten nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können,
- Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, soweit diese von den Erfordernissen unternehmerischer Sorgfalt abweichen,
- das Bestehen des Rechts auf Rücktritt oder Widerruf und
- bei Waren oder Dienstleistungen, die über einen Online-Marktplatz angeboten werden, die Information, ob es sich bei dem Anbieter der Waren oder Dienstleistungen nach dessen eigener Erklärung gegenüber dem Betreiber des Online-Marktplatzes um einen Unternehmer handelt.
Die Bestimmungen des neuen § 5b Abs. 1 Nr. 1 - 5 BGB waren bisher in § 5a Abs. 3 UWG enthalten und wurden nun mit einer geringen Modifikation in § 5b Abs. 1 UWG verschoben.
Neu hinzugefügt wurde zudem eine gesetzliche Bestimmung zu Online-Marktplätzen in § 5b Abs. 1 Nr. 6 UWG. Hierzu heißt es in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/27873, 35 f.):
„Der neue § 5b Absatz 1 Nummer 6 setzt Artikel 3 Nummer 4 Buchstabe a ii) der Richtlinie (EU) 2019/2161 um. Damit Verbraucherinnen und Verbraucher eine informierte Entscheidung darüber treffen können, ob sie die auf einem Online-Marktplatz angebotenen Waren oder Dienstleistungen erwerben möchten, bedarf es ausreichender Informationen über deren Anbieter, also den potentiellen späteren Vertragspartner. Hierzu gehört die Information darüber, ob es sich bei dem Anbieter um einen Unternehmer handelt. Denn nur, wenn dies der Fall ist, stehen den Verbraucherinnen und Verbrauchern die im Verbraucherschutzrecht der Europäischen Union vorgesehenen An-sprüche und Rechte zu. Daher wird durch den neuen § 5b Absatz 1 Nummer 6 die Liste der bei Angeboten zu einem Geschäftsabschluss wesentlichen Umstände beim Angebot von Waren oder Dienstleistungen über einen Online-Marktplatz entsprechend ergänzt. Der Betreiber des Online-Marktplatzes wird verpflichtet, von Anbietern von Waren oder Dienstleistungen zu verlangen, dass diese ihm gegenüber offenlegen, ob sie als Unternehmer im Sinne von § 2 Absatz 1 Nummer 8 UWG-E oder Verbraucher im Sinne von § 2 Absatz 2 UWG-E tätig werden; Verbraucherinnen und Verbraucher müssen dann durch den Betreiber des Online-Marktplatzes über die (Selbst-)Einstufung informiert werden. Im Einklang mit § 7 Absatz 2 des Telemediengesetzes sind Betreiber von Online-Marktplätzen nicht dazu verpflichtet, den Status von Anbietern anlassunabhängig zu überprüfen. Im vorvertraglichen Bereich soll Artikel 246d § 1 Nummer 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der Entwurfsfassung (EGBGB-E) eine vergleichbare Funktion erfüllen.“
Des Weiteren sind Betreiber von Online-Marktplätzen ab dem 28.05.2022 gemäß § 312k Abs. 1 BGB verpflichtet, Verbraucher nach Maßgabe von Art. 246d EGBGB zu informieren. Art. 246d § 1 EGBGB lautet:
Art. 246d § 1 EGBGB:
Der Betreiber eines Online-Marktplatzes muss den Verbraucher informieren
- zum Ranking der Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte, die dem Verbraucher als Ergebnis seiner Suchanfrage auf dem Online-Marktplatz präsentiert werden, allgemein über
- die Hauptparameter zur Festlegung des Rankings und
- die relative Gewichtung der Hauptparameter zur Festlegung des Rankings im Vergleich zu anderen Parametern,
- falls dem Verbraucher auf dem Online-Marktplatz das Ergebnis eines Vergleichs von Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalten präsentiert wird, über die Anbieter, die bei der Erstellung des Vergleichs einbezogen wurden,
- gegebenenfalls darüber, dass es sich bei ihm und dem Anbieter der Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte um verbundene Unternehmen im Sinne von § 15 des Aktiengesetzes handelt,
- darüber, ob es sich bei dem Anbieter der Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte nach dessen eigener Erklärung gegenüber dem Betreiber des Online-Marktplatzes um einen Unternehmer handelt,
- falls es sich bei dem Anbieter der Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte nach dessen eigener Erklärung gegenüber dem Betreiber des Online-Marktplatzes nicht um einen Unternehmer handelt, darüber, dass die besonderen Vorschriften für Verbraucherverträge auf den Vertrag nicht anzuwenden sind,
- gegebenenfalls darüber, in welchem Umfang der Anbieter der Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte sich des Betreibers des Online- Marktplatzes bei der Erfüllung von Verbindlichkeiten aus dem Vertrag mit dem Verbraucher bedient, und darüber, dass dem Verbraucher hierdurch keine eigenen vertraglichen Ansprüche gegenüber dem Betreiber des Online- Marktplatzes entstehen, und
- falls ein Anbieter eine Eintrittsberechtigung für eine Veranstaltung weiterverkaufen will, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Veranstalter nach Angaben des Anbieters einen Preis für den Erwerb dieser Eintrittsberechtigung festgelegt hat.
Ein Novum im Lauterkeitsrecht stellt der mit Wirkung ab dem 28.05.2022 eingeführte Schadensersatzanspruch für Verbraucher dar. Nach der bisherigen Rechtslage konnten Verbraucher keine individuellen Ansprüche auf Grundlage des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geltend machen.
Die neue gesetzliche Regelung sieht nunmehr vor, dass Verbraucher unter bestimmten Voraussetzungen einen individuellen Schadensersatzanspruch bei unlauteren Handlungen gegen den wettbewerbswidrig handelnden Unternehmer geltend machen könnten, beispielsweise wenn ein Verbraucher durch eine Irreführung zum Kauf einer Ware verleitet worden ist, die er bei wahrheitsgemäßer Darstellung nicht gekauft hätte, und er hierdurch einen Schaden erlitten hat. Der neu eingeführte § 9 Abs. 2 UWG lautet
§ 9 Abs. 2 UWG
Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt und hierdurch Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die sie andernfalls nicht getroffen hätten, ist ihnen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht für unlautere geschäftliche Handlungen nach den §§ 3a, 4 und 6 sowie nach Nummer 32 des Anhangs.
Der Schadensersatzanspruch für Verbraucher gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 UWG verjährt nach § 11 Abs. 1 Hs. 2 UWG in einem Jahr. Die Verjährungsfrist beginnt nach § 11 Abs. 2 UWG, wenn der Anspruch entstanden ist und der Verbraucher von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste, wobei jedoch die kenntnisunabhängige Verjährungshöchstfrist nach Maßgabe von § 11 Abs. 3 UWG zu beachten ist.
Newsletter 03/2022
Urteil des ArbG Aachen vom 13.01.2022 - 8 Ca 1229/20
Geschäftsgeheimnis; Wirkung von Geheimhaltungsvereinbarung in Arbeitsverträgen
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir möchten Sie heute über das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 13. Januar 2022, Aktenzeichen 8 Ca 1129/20, in Kenntnis setzen. Das Arbeitsgericht hat in seinem Urteil folgende drei Leitsätze aufgestellt:
Weltweit produziert die Klägerin rund mehrere Milliarden Sleeves pro Jahr. Es produzierte kein anderes Unternehmen weltweit Sleeves in ähnlicher Menge. Allerdings stellten zwei chinesische Unternehmen bereits rund 300.000 bzw. 250.000.000 Sleeves her.
Der Beklagte war bei der Klägerin über einen längeren Zeitraum beschäftigt und maßgeblich an der Weiterentwicklung der Produkte der Klägerin beteiligt. Er stand in engem Austausch mit Mitarbeitern aus dem Bereich Forschung und Entwicklung.
Im Arbeitsvertrag des Beklagten war folgende Regelung enthalten:
„Herr X. wird über alle Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie alle sonstigen ihm im Rahmen der Tätigkeit zur Kenntnis gelangenden Angelegenheiten und Vorgänge der Gesellschaft Stillschweigen bewahren. Er wird dafür Sorge tragen, dass Dritte nicht unbefugt Kenntnis erlangen. Die Verpflichtung zur Geheimhaltung besteht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus und umfasst auch die Inhalte dieses Vertrags.“
Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis zum Ende des Jahres 2016 und trat dann als Arbeitnehmer im Jahre 2017 bei einem der Hauptkunden der Klägerin ein.
Die streitgegenständlichen Informationen, welche die Klägerin als Geschäftsgeheimnis bezeichnet, sind weitgehend nicht durch gewerbliche Schutzrechte geschützt. Dies beruht auf einer bewussten Entscheidung der Klägerin, da sie durch die Anmeldung von Schutzrechten ein Bekanntwerden der Informationen befürchtete. Allerdings sind bestimmte Angaben wie beispielsweise die Herstellung der Längsnaht sowie der Nahtdicke der Sleeves in Patentschriften öffentlich geworden.
Die E stellt nun ebenfalls solche Sleeves her. Die Klägerin ging nun gegen den Beklagten vor und trug vor, dass die von der Firma E hergestellten Sleeves durch die Verwendung von der Klägerin gehörendem geheimen Know-How entstanden sind und dieses spezifische Know-How am Markt nicht allgemein bekannt sei. Ihr Wissen sei auch nicht von Dritten z. B. im Wege des sog. Reverse Engineerings rekonstruierbar. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Informationen zur Herstellung der Sleeves vom Beklagten stammen und daher den Beklagten auf Unterlassung und Feststellung einer Schadensersatzpflicht verklagt.
Das Gericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen.
Hierzu führte das Gericht aus, dass gemäß § 6 Satz 1 GeschGehG der Inhaber eines Geschäftsgeheimnisses einen Rechtsverletzer auf Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr auch auf Unterlassung in Anspruch nehmen kann, im vorliegenden Fall aber ein solcher Anspruch nicht besteht, da die Klägerin nicht dargelegt hat, dass es sich bei den in Rede stehenden Informationen um ihre Geschäftsgeheimnisse handelt. Es fehlt seitens der Klägerin sowohl an dem Merkmal der fehlenden Marktbekanntheit als auch an der Darlegung angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen.
Die Klägerin kann sich auch nicht auf die arbeitsvertragliche Geheimhaltungsklausel aus Ziffer 11 des Arbeitsvertrags berufen, denn diese Klausel ist unwirksam. Es handelt sich um eine sog. Catch-all-Klausel, die den Arbeitnehmer bis an sein Lebensende verpflichten soll, jede im Rahmen des bisherigen Arbeitsverhältnisses erlangte Information geheim zu halten. Diese Regelung geht weit über das berechtigte Interesse des Arbeitgebers hinaus und trägt der besonderen Situation des Arbeitnehmers, der in Wahrnehmung seiner grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit (Art. 12 GG) den Arbeitgeber unter Verwertung seines Fachwissens wechseln können muss, nicht ausreichend Rechnung. Insbesondere für die Zeit nach Ende des Arbeitsverhältnisses enthält eine Catch-all-Klausel eine übermäßige Vertragsbindung, die gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und somit unwirksam ist. Die Unwirksamkeit der Klausel ergibt sich zudem als allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305, § 310 BGB aus § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Die Klägerin kann auch keinen Unterlassungsanspruch auf sonstige Vorschriften wie etwa § 1004 BGB (analog) i.V.m. § 823, § 826 BGB stützen. § 6 GeschGehG verdrängt insoweit sämtliche anderen Anspruchsgrundlagen.
Eine allgemeine Geheimhaltungsregelung mit Mitarbeitern ist insoweit unwirksam.
Zwar kann mit einem Mitarbeiter eine Geheimhaltungsregelung getroffen werden, diese muss allerdings auf den konkreten geheim zu haltenden Sachverhalt zugeschnitten sein und darf den Mitarbeiter nicht in seiner (zukünftigen) Berufsausübungsfreiheit unzulässig beschränken.
Wenn Sie geheime Informationen haben, müssen Sie im Falle der Geltendmachung im gerichtlichen Wege nahezu lückenlos eine Schutzstrategie und Schutzmaßnahmen nachweisen.
Um Ihr Know-How abzusichern, verbleibt Ihnen zukünftig eigentlich nur die Eintragung von gewerblichen Schutzrechten (Patent, Gebrauchsmuster, Design). Ein Vertrauen auf vertragliche Geheimhaltungspflichten, insbesondere mit Mitarbeitern, dürfte zum Scheitern verurteilt sein.
Für Fragen oder für den Fall, dass Sie das Urteil im Volltext erhalten möchten, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Newsletter 02/2022
Urteil des OLG Karlsruhe vom 13.10.2021 - 6 U 130/19
Berechnung der Arbeitnehmervergütung bei einem Verkauf von Schutzrechten
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir möchten Sie heute über das Urteil des OLG Karlsruhe vom 13. Oktober 2021, Aktenzeichen 6 U 130/19, in Kenntnis setzen. Das Oberlandesgericht hat in seinem Urteil folgende drei Leitsätze aufgestellt:
Der Kläger macht gegen die Beklagte mit einer Stufenklage auf der ersten Stufe einen auf Auskunft und Rechnungslegung gerichteten Anspruch zur Bezifferung angemessener Arbeitnehmererfindervergütung geltend.
Der Kläger stand als leitender Ingenieur in einem Arbeitsverhältnis der Beklagten. Der Kläger hat im Laufe des Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten verschiedene Erfindungen gemacht, die im Rahmen der ihm obliegenden Tätigkeit entstanden sind. Im gerichtlichen Verfahren ging es um die Erfindervergütung für sechs Erfindungen auf dem Gebiet der Technik für Windenergie. Diese Erfindungen hat die Beklagte uneingeschränkt in Anspruch genommen und dem Kläger hierfür in regelmäßigen Abständen Arbeitnehmererfindervergütung bezahlt, wobei diese nach Lizenzanalogie berechnet worden ist.
Die Beklagte hat an einen Dritten 134 Patenten und Gebrauchsmustern sowie 82 einzelnen Marken im Rahmen eines Unternehmenskaufvertrages veräußert. Hierunter waren auch die auf den sechs Erfindungen des Klägers beruhenden Schutzrechte. Die Beklagte hatte nach diesem Verkauf dem Kläger eine Erfindervergütung angeboten, die die Beklagte auf Basis eines fiktiven Umsatzes errechnet hatte. Der Kläger war der Ansicht, dass die Beklagte zum einen vollumfänglich Auskunft über den Verkauf und die finanziellen Aspekte des Verkaufs zu geben habe, insbesondere die Offenlegung des Unternehmenskaufvertrages.
Das Ladgericht Mannheim hatte die Beklagte nahezu vollumfänglich verurteilt und das OLG Karlsruhe hat dieses Urteil bestätigt.
Dem Kläger steht nach Ansicht des Gerichts gegen die Beklagte ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung im Hinblick auf die Verwendung der sechs Erfindungen zu.
Die Kriterien der Erforderlichkeit der Auskunft einerseits und der Zumutbarkeit der Auskunft andererseits sind nicht nur für die Frage bedeutsam, ob überhaupt ein Anspruch auf Auskunft besteht, sondern bestimmen auch seinen Umfang. Der Arbeitnehmererfinder kann von seinem Arbeitgeber nicht unbeschränkt alle Angaben verlangen, die zur Bestimmung und Überprüfung der angemessenen Erfindervergütung irgendwie hilfreich und nützlich sind oder sein können, sondern nur solche Angaben, die zur Ermittlung der angemessenen Vergütung unter Berücksichtigung seiner berechtigten Interessen erforderlich sind.
Der Arbeitgeber kann aber Angaben verweigern, die für ihn mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wären, der in keinem vernünftigen Verhältnis zu der dadurch erreichten genaueren Bemessung der dem Arbeitnehmer zustehenden Vergütung steht.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer die Auskünfte zu erteilen, die dieser benötigt, um seine Arbeitnehmererfindervergütung berechnen zu können; dazu gehört auch, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmererfinder in die Lage versetzen muss, die Richtigkeit der erteilten Auskünfte nachprüfen zu können. Die Unterlagen für die Vergütungsberechnung müssen so vorgelegt werden, dass der Erfinder die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erfüllung seines Zahlungsanspruchs überprüfen kann.
Der wirtschaftliche Wert einer Erfindung ist nicht in dem Sinne „berechenbar“, dass er nach bestimmten Regeln aus feststehenden und ohne weiteres ermittelbaren Umständen abgeleitet werden könnte. Regelmäßig rechtfertigt sich jedoch die Annahme, dass von dem Arbeitgeber tatsächlich erzielte wirtschaftliche Vorteile den Erfindungswert am besten widerspiegeln, da der Arbeitgeber in seinem eigenen Interesse bestrebt sein wird, die Erfindung so auszunutzen, wie dies im Interesse eines möglichst großen Erfolges seiner unternehmerischen Tätigkeit sachlich möglich und wirtschaftlich vernünftig ist (BGH GRUR 2002, 801 Rn. 22 – Abgestuftes Getriebe). In vielen Fällen wird die so genannte Lizenzanalogie geeignet sein die angemessene Arbeitnehmererfindervergütung zu bemessen, das heißt die Prüfung der Frage, welche Gegenleistung für die Überlassung der Erfindung vernünftige Parteien vereinbart hätten, wenn es sich bei der Diensterfindung um eine dem Arbeitgeber zur ausschließlichen Nutzung überlassene freie Erfindung handeln würde (vgl. BGH GRUR 2002, 801 Rn. 23 – Abgestuftes Getriebe).
Im vorliegenden Fall eignete sich diese Methode so lange, wie die Erfindungen von der Bekl. selbst genutzt wurden. Entsprechend hatten die Parteien für diese Form der Nutzung der Erfindungen durch die Bekl. auch eine Vergütungsvereinbarung auf der Grundlage der Lizenzanalogie getroffen. Bei einem Verkauf von Schutzrechten änderten sich die Umstände, die zur Vergütungsvereinbarung geführt hatten, so dass eine Änderung der Regelung der Vergütung erforderlich wurde.
Im Hinblick auf den abschließenden Charakter eines Verkaufs von Schutzrechten scheidet ein Vorgehen nach der Lizenzanalogie zur Ermittlung einer angemessenen Vergütung aus. Der Erfindungswert spiegelt sich in dem Ertrag des Verkaufs wider. Ausgangspunkt ist hierbei der Kaufpreis für das Schutzrecht als Bruttobetrag, der um direkt zurechenbare Aufwendungen gekürzt werden kann.
Da aber im gerichtlich zu entscheidendem Fall kein gesonderter Kaufpreis für die Schutzrechte, die auf die gegenständlichen Erfindungen des Kl. zurückgehen, ausgewiesen war, ist für den Bruttoertrag des Verkaufs im Hinblick auf die Erfindung zunächst durch eine Wertanalyse festzustellen, welcher Kaufpreisteil auf die Erfindung entfällt. Dieser Anteil kann durch Schätzung ermittelt werden. Ist eine Wertanalyse nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich, werden zwei Methoden für die Ermittlung einer angemessenen Vergütung vorgeschlagen, zum einen könnte der Kaufpreis als Ausgangspunkt herangezogen und von diesem die Sachmittel abgezogen werden, da sich für diese häufig konkrete Werte finden lassen. Der restliche Kaufpreis wird – mangels anderweitiger konkreter Werte – anhand pauschaler Quoten für die unterschiedlichen Gegenstände des Kaufvertrags verteilt, oder anstelle einer Ableitung eines Kaufpreises für die Schutzrechte als Bruttoertrag aus dem Gesamtkaufpreis könnte dieser auch unabhängig hiervon ermittelt werden. Wurde die Erfindung vor dem Verkauf beim Arbeitgeber innerbetrieblich genutzt, wird der durchschnittliche Jahresumsatz nach der Lizenzanalogie bis zum Ablauf des Schutzrechtes zur Ermittlung eines hypothetischen Kaufpreises hochgerechnet.
Zumal die Parteien des Rechtsstreits keine Vereinbarung darüber getroffen haben, nach welcher Methode die Arbeitnehmervergütung in einem Fall des Verkaufs der betroffenen Schutzrechte ermittelt wird kommen daher drei Methoden für die Ermittlung eines Erfindungswertes nach einem Verkauf im Rahmen eines Unternehmenskaufes in Betracht, nämlich
Um den Kläger in die Lage zu versetzen, die ihm zustehende angemessene Arbeitnehmervergütung zu berechnen bzw. die von der Beklagten vorgenommenen Berechnung überprüfen zu können, muss er Einsicht bzw. Kenntnis über die finanziellen Umstände des Verkaufs kennen.
Bei einem Unternehmenskauf, bei welchem technische Schutzrechte mitverkauft werden, wäre es sehr sinnvoll, dass man für eine Arbeitnehmererfindervergütung den Wert der mitverkauften technischen Schutzrechte gesondert ausweist, damit man nicht in die Lage kommt, im Nachhinein die Schutzrechte wertanalysemäßig zu bewerten.
Für Fragen oder für den Fall, dass Sie das Urteil im Volltext erhalten möchten, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Newsletter 01/2022
Neue gesetzliche Regelungen zu Verträgen über digitale Produkte, Waren mit digitalen Elementen und anderen Aspekten des Kaufrechts seit 01.01.2022 in Kraft
Am 01.01.2022 sind das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (Richtlinie (EU) 2019/770) und das Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags (Richtlinie (EU) 2019/771) in Kraft getreten. Damit wurden insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zahlreiche Paragrafen neu eingefügt und bestehende gesetzliche Regelungen geändert bzw. ergänzt. Im Folgenden finden Sie einen kurzen Überblick über einige wesentliche Aspekte der gesetzlichen Neuregelungen.
Nach der gesetzlichen Definition in § 327 Abs. 1 S. 1 BGB sind unter digitalen Produkten digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen zu verstehen. Digitale Inhalte in diesem Sinne sind Daten, die in digitaler Form erstellt und bereitgestellt werden (§ 327 Abs. 2 S. 1 BGB). Hierzu gehören z.B. Software, Apps, Computerspiele, E-Books, Musikdateien und Videodateien.
Digitale Dienstleistungen sind Dienstleistungen, die dem Verbraucher die Erstellung, die Verarbeitung oder die Speicherung von Daten in digitaler Form oder den Zugang zu solchen Daten ermöglichen (§ 327 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB) oder die gemeinsame Nutzung der vom Verbraucher oder von anderen Nutzern der entsprechenden Dienstleistung in digitaler Form hochgeladenen oder erstellten Daten oder sonstige Interaktionen mit diesen Daten ermöglichen (§ 327 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BGB). Dazu gehören beispielsweise Dienstleistungen des Datei-Hostings und das Zur-Verfügung-Stellen von Anwendungen in einer Cloud-Computing-Umgebung.
Für die Anwendung der neuen gesetzlichen Vorschriften ist nicht zwingend erforderlich, dass der Verbraucher einen Preis zahlt, sondern die Gegenleistung kann gemäß § 327 Abs. 3 BGB auch darin liegen, dass der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene Daten bereitstellt oder sich zu deren Bereitstellung verpflichtet.
Für Verbraucherverträge über digitale Produkte im Anwendungsbereich des § 327 BGB oder des § 327a BGB gelten seit dem 01.01.2022 neu eingeführte gesetzliche Bestimmungen insbesondere zu folgenden Aspekten:
In § 327e BGB hat der Gesetzgeber nunmehr eine eigenständige Definition zum Vorliegen von Produktmängeln bei digitalen Produkten eingeführten. Nach 327e Abs. 1 S. 1 BGB ist ein digitales Produkt frei von Produktmängeln, wenn es den subjektiven Anforderungen gem. § 327e Abs. 2 BGB, den objektiven Anforderungen gem. § 327e Abs. 3 BGB und den Anforderungen an die Integration gem. § 327e Abs. 4 BGB entspricht. Soweit nicht anders bestimmt, ist gem. § 327e Abs. 1 S. 2 BGB die für die Beurteilung maßgebliche Zeit der Zeitpunkt der Bereitstellung nach § 327b BGB. Wenn der Unternehmer durch den Vertrag zu einer fortlaufenden Bereitstellung über einen Zeitraum (dauerhafte Bereitstellung) verpflichtet ist, ist der maßgebliche Zeitraum der gesamte vereinbarte Zeitraum der Bereitstellung (Bereitstellungszeitraum), wie § 327e Abs. 1 S. 3 BGB bestimmt.
§ 327k BGB enthält zugunsten des Verbrauchers eine Beweislastumkehr. Außer in den Fällen des § 327k Abs. 3 BGB gilt bei einem digitalen Produkt grundsätzlich: Zeigt sich bei einem digitalen Produkt innerhalb eines Jahres seit seiner Bereitstellung ein von den Anforderungen nach § 327e BGB (Produktmangel) oder § 327g (Rechtsmangel) abweichender Zustand, so wird vermutet, dass das digitale Produkt bereits bei Bereitstellung mangelhaft war (§ 327k Abs. 1 BGB). Zeigt sich bei einem dauerhaft bereitgestellten digitalen Produkt während der Dauer der Bereitstellung ein von den Anforderungen nach § 327e oder § 327g abweichender Zustand, so wird vermutet, dass das digitale Produkt während der bisherigen Dauer der Bereitstellung mangelhaft war (§ 327k Abs. 2 BGB).
Die in § 327i BGB aufgeführten Rechte des Verbrauchers bei Mängeln von digitalen Produkten verjähren gemäß § 327j Abs. 1 BGB in zwei Jahren, wobei die Verjährung mit der Bereitstellung beginnt. Nach § 327j Abs. 2 BGB verjähren im Fall der dauerhaften Bereitstellung die Mängelgewährleistungsansprüche nicht vor Ablauf von zwölf Monaten nach dem Ende des Bereitstellungszeitraums. Hat sich ein Mangel innerhalb der Verjährungsfrist gezeigt, so tritt die Verjährung nicht vor dem Ablauf von vier Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem sich der Mangel erstmals gezeigt hat (§ 327j Abs. 4 BGB).
Neu ist insbesondere auch die in § 327f BGB geregelte Aktualisierungspflicht bei digitalen Produkten. Nach § 327f Abs. 1 BGB hat der Unternehmer sicherzustellen, dass dem Verbraucher während des maßgeblichen Zeitraums Aktualisierungen, die für den Erhalt der Vertragsmäßigkeit des digitalen Produkts erforderlich sind, bereitgestellt werden und der Verbraucher über diese Aktualisierungen informiert wird. Zu den erforderlichen Aktualisierungen gehören auch Sicherheitsaktualisierungen. Der maßgebliche Zeitraum ist bei einem Vertrag über die dauerhafte Bereitstellung eines digitalen Produkts der Bereitstellungszeitraum, in allen anderen Fällen der Zeitraum, den der Verbraucher aufgrund der Art und des Zwecks des digitalen Produkts und unter Berücksichtigung der Umstände und der Art des Vertrags erwarten kann. Ansprüche wegen einer Verletzung der Aktualisierungspflicht verjähren nicht vor Ablauf von zwölf Monaten nach dem Ende des für die Aktualisierungspflicht maßgeblichen Zeitraums (327j Abs. 3 BGB).
Des Weiteren hat der Gesetzgeber in § 327r BGB umfangreiche Regelungen zu Änderungen an digitalen Produkten in das BGB aufgenommen. Nach § 327r Abs. BGB darf bei einer dauerhaften Bereitstellung der Unternehmer Änderungen des digitalen Produkts, die über das zur Aufrechterhaltung der Vertragsmäßigkeit nach § 327e Abs. 2 und 3 BGB und § 327f BGB erforderliche Maß hinausgehen, nur vornehmen, wenn der Vertrag diese Möglichkeit vorsieht und einen triftigen Grund dafür enthält, dem Verbraucher durch die Änderung keine zusätzlichen Kosten entstehen und der Verbraucher klar und verständlich über die Änderung informiert wird. Eine Änderung des digitalen Produkts, welche die Zugriffsmöglichkeit des Verbrauchers auf das digitale Produkt oder welche die Nutzbarkeit des digitalen Produkts für den Verbraucher beeinträchtigt, darf der Unternehmer nur vornehmen, wenn er den Verbraucher darüber hinaus innerhalb einer angemessenen Frist vor dem Zeitpunkt der Änderung mittels eines dauerhaften Datenträgers informiert (§ 327r Abs. 2 S. 1 BGB), außer wenn die Beeinträchtigung der Zugriffsmöglichkeit oder der Nutzbarkeit nur unerheblich ist (§ 327r Abs. 2 S. 1 BGB). Beeinträchtigt eine Änderung des digitalen Produkts die Zugriffsmöglichkeit oder die Nutzbarkeit im Sinne von § 327r Abs. 2 S. 1 BGB, so kann der Verbraucher den Vertrag innerhalb von 30 Tagen unentgeltlich beenden (§ 327r Abs. 3 S. 1 BGB), außer wenn die Beeinträchtigung der Zugriffsmöglichkeit oder der Nutzbarkeit nur unerheblich ist oder dem Verbraucher die Zugriffsmöglichkeit auf das unveränderte digitale Produkt und die Nutzbarkeit des unveränderten digitalen Produkts ohne zusätzliche Kosten erhalten bleiben (§ 327r Abs. 4 BGB).
Ferner hat der Gesetzgeber in einem zweiten Untertitel besondere Bestimmungen für Verträge über digitale Produkte zwischen Unternehmern eingeführt. Nach § 327t BGB sind bei Verträgen zwischen Unternehmern, die der Bereitstellung digitaler Produkte gemäß der nach den §§ 327 und 327a BGB vom Anwendungsbereich des Untertitels 1 (§§ 327 – 327u BGB) erfassten Verbraucherverträge dienen, ergänzend die Vorschriften des zweiten Untertitels anzuwenden. Dieser zweite Untertitel enthält neben § 327t BGB, der den Anwendungsbereich dieses Untertitels definiert, in § 327u BGB Regelungen zu Regressansprüchen zwischen Unternehmern.
Von einem digitalen Produkt (§ 327 Abs. 1 S. 1 BGB) sind Waren mit digitalen Elementen zu unterscheiden. Unter Waren mit digitalen Elementen sind nach der gesetzlichen Definition in § 327a Abs. 3 S. 1 BGB Waren zu verstehen, die in einer Weise digitale Produkte enthalten oder mit ihnen verbunden sind, dass die Waren ihre Funktionen ohne diese digitalen Produkte nicht erfüllen können. Beispiele hierfür sind etwa Smartphones mit gemäß Kaufvertrag standardisiert vorinstallierten Anwendungen oder Smart Watches. Beim Kauf einer Ware mit digitalen Elementen ist gemäß §§ 327a Abs. 3 S. 2, 475b Abs. 1 S. 2 BGB im Zweifel anzunehmen, dass die Verpflichtung des Verkäufers die Bereitstellung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen umfasst.
Ähnlich wie für digitale Produkte in § 327e BGB hat der Gesetzgeber auch für Waren mit digitalen Elementen eine eigenständige Mängeldefinition beim Verbrauchsgüterkauf (d.h. bei Verträgen, durch die ein Verbraucher von einem Unternehmer eine Ware kauft, § 474 Abs. 1 S. 1 BGB) eingeführt, die sich in § 475b BGB findet. Nach § 475b Abs. 2 BGB ist eine Ware mit digitalen Elementen frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang und in Bezug auf eine Aktualisierungspflicht auch während des Zeitraums nach Absatz 3 Nummer 2 und Absatz 4 Nummer 2 den subjektiven Anforderungen (§ 475b Abs. 3 BGB), den objektiven Anforderungen (§ 475b Abs. 4 BGB), den Montageanforderungen (§ 475b Abs. 6 Nr. 1 BGB) und den Installationsanforderungen (§ 475b Abs. 6 Nr. 2 BGB) entspricht.
Ist beim Kauf einer Ware mit digitalen Elementen eine dauerhafte Bereitstellung für die digitalen Elemente vereinbart, so gelten ergänzend die Regelungen des § 475c BGB. Nach § 475c Abs. 2 BGB haftet der Unternehmer über die §§ 434 und 475b BGB hinaus auch dafür, dass die digitalen Elemente während des Bereitstellungszeitraums, mindestens aber für einen Zeitraum von zwei Jahren ab der Ablieferung der Ware, den Anforderungen des § 475b Absatz 2 BGB entsprechen.
Des Weiteren enthält § 475e BGB Sonderbestimmungen für die Verjährung von Rechten von Verbrauchern. Nach § 475e Abs. 1 BGB verjähren im Fall der dauerhaften Bereitstellung digitaler Elemente nach § 475c Abs. 1 S. 1 BGB Ansprüche von Verbrauchern wegen eines Mangels an den digitalen Elementen nicht vor dem Ablauf von zwölf Monaten nach dem Ende des Bereitstellungszeitraums. Ansprüche wegen einer Verletzung der Aktualisierungspflicht nach § 475b Abs. 3 oder 4 BGB verjähren gem. § 475e Abs. 2 BGB nicht vor dem Ablauf von zwölf Monaten nach dem Ende des Zeitraums der Aktualisierungspflicht. Hat sich ein Mangel innerhalb der Verjährungsfrist gezeigt, so tritt die Verjährung nicht vor dem Ablauf von vier Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem sich der Mangel erstmals gezeigt hat (§ 475e Abs. 3 BGB). Hat der Verbraucher zur Nacherfüllung oder zur Erfüllung von Ansprüchen aus einer Garantie die Ware dem Unternehmer oder auf Veranlassung des Unternehmers einem Dritten übergeben, so tritt die Verjährung von Ansprüchen wegen des geltend gemachten Mangels nicht vor dem Ablauf von zwei Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem die nachgebesserte oder ersetzte Ware dem Verbraucher übergeben wurde (§ 475e Abs. 4 BGB).
Darüber hinaus wurden im Zuge der Gesetzesreform weitere Änderungen der Regelungen zum Verbrauchsgüterkauf (d.h. bei Verträgen, durch die ein Verbraucher von einem Unternehmer eine Ware kauft, § 474 Abs. 1 S. 1 BGB) vorgenommen, die nicht nur für Waren mit digitalen Elementen gelten, sondern auch für andere Waren, die ein Verbraucher von einem Unternehmer kauft.
Hervorzuheben ist dabei, dass die bisher für einen Zeitraum von 6 Monaten geltende Beweislastumkehr zugunsten des Verbrauchers bei Mängeln in § 477 BGB nun grundsätzlich auf 12 Monate ausgeweitet worden ist (außer beim Kauf von lebenden Tieren). Zeigt sich innerhalb eines Jahres seit Gefahrübergang ein von den Anforderungen nach § 434 BGB oder § 475b BGB abweichender Zustand der Ware, so wird vermutet, dass die Ware bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Ware oder des mangelhaften Zustands unvereinbar (§ 477 Abs. 1 S. 1 BGB). Beim Kauf eines lebenden Tieres gilt diese Vermutung für einen Zeitraum von sechs Monaten seit Gefahrübergang (§ 477 Abs. 1 S. 2 BGB).
Ist bei Waren mit digitalen Elementen die dauerhafte Bereitstellung der digitalen Elemente im Kaufvertrag vereinbart und zeigt sich ein von den vertraglichen Anforderungen nach § 434 BGB oder § 475b BGB abweichender Zustand der digitalen Elemente während der Dauer der Bereitstellung oder innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren seit Gefahrübergang, so wird vermutet, dass die digitalen Elemente während der bisherigen Dauer der Bereitstellung mangelhaft waren (§ 477 Abs. 2 BGB).
Zudem wurden beispielsweise auch die Sonderbestimmungen für Garantien (§ 443 BGB) bei Verbrauchsgüterkäufen in § 479 BGB in einigen Punkten angepasst. Insbesondere besteht nun nach § 479 Abs. 2 BGB eine Übermittlungspflicht, wonach die Garantieerklärung dem Verbraucher spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung der Ware auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen ist. Zudem bestimmt der neu eingefügte § 479 Abs. 3 BGB, dass der Verbraucher gegen den Hersteller während des Zeitraums der Garantie mindestens einen Anspruch auf Nacherfüllung gemäß § 439 Absatz 2, 3, 5 und 6 Satz 2 und § 475 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 5 hat, wenn der Hersteller gegenüber dem Verbraucher eine Haltbarkeitsgarantie übernommen hat. Zudem wurde die Aufzählung zum Mindestinhalt einer Garantieerklärung in § 479 Abs. 1 S. 2 BGB um einige Punkte erweitert.
Des Weiteren wurden auch Änderungen von gesetzlichen Bestimmungen des allgemeinen Kaufrechts vorgenommen.
Beispielsweise hat der Gesetzgeber die allgemeine Sachmängeldefinition in § 434 BGB, die außerhalb der Sonderbestimmungen für Produktmängel bei digitalen Produkten (§ 327e BGB) und für Sachmängel bei Waren mit digitalen Elementen (§ 475b BGB), angepasst. Nach der Neufassung ist eine Sache gem. § 434 Abs. 1 BGB frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen (§ 434 Abs. 2 BGB) den objektiven Anforderungen (§ 434 Abs. 3 BGB) und den Montageanforderungen (§ 434 Abs. 4 BGB) entspricht.
Ferner wurde beispielsweise in der gesetzlichen Regelung der Nacherfüllung in § 439 BGB ein neuer Absatz 5 eingefügt, wonach der Käufer dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen hat sowie ein weiterer Satz am Ende von § 439 Abs. 6 BGB (Absatz 5 der bisherigen Fassung) angefügt, welcher lautet: Der Verkäufer hat die ersetzte Sache auf seine Kosten zurückzunehmen.
Newsletter 02/2021
Welchen wirtschaftlichen Vorteil bringen Schutzrechte?
Zur Beurteilung dieser Frage haben das EPA und das EUIPO in einer im Februar 2021 veröffentlichten Studie im Wege einer Untersuchung von mehr als 127.000 europäischen Unternehmen die wirtschaftliche Leistung von Unternehmen mit Patenten, Marken und/oder Designs (Geschmacksmustern) und Unternehmen ohne solche gewerblichen Schutzrechte verglichen.
Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass die Einnahmen pro Mitarbeiter von solchen Unternehmen, die über mindestens ein Patent, eine Marke oder ein Design (Geschmacksmuster) verfügen, im Durchschnitt um 20 % höher sind als bei Unternehmen ohne eines dieser Rechte des geistigen Eigentums.
Aufgegliedert in die einzelnen untersuchten Arten von gewerblichen Schutzrechten beträgt der Vorteil eines Schutzrechtsinhabers bezogen auf seine Einnahmen pro Mitarbeiter im Vergleich zu einem Unternehmen ohne solche Schutzrechte:
Besonders stark ist der Effekt laut Studie bei KMU. Bei diesen beziffert sich der wirtschaftliche Vorteil eines KMU mit mindestens einem der untersuchten gewerblichen Schutzrechte auf 68 % höhere Einnahmen pro Mitarbeiter im Vergleich zu KMU ohne derartige Schutzrechte.
Zudem bewirkt nach den Ergebnissen der gemeinsamen Studie des EPA und des EUIPO insbesondere eine Kombination mehrerer Arten von Schutzrechten eine erhebliche Steigerung der Einnahmen von KMU. So erzielen diese mit einer Kombination aus mindestens einem Patent, einer Marke und einem Design (Geschmacksmuster) laut Studie um 98 % höhere Einnahmen pro Mitarbeiter als KMU ohne Schutzrechte. Bei einer Kombination aus Patent und Marke beträgt der wirtschaftliche Vorteil bei KMU 75 %, bei einer Kombination aus Patent und Design (Geschmacksmuster) 54 % sowie bei einer Kombination aus Marke und Design (Geschmacksmuster) 84 %,, so die Studie.
Eine deutschsprachige Zusammenfassung dieser Studie finden Sie auf der Internetseite des EPA unter diesem Link.
Den vollständigen Bericht zur Studie finden Sie in englischer Sprache auf der Internetseite des EPA unter diesem Link.
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Newsletter 01/2021
Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs
Das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs vom 26.11.2020 wurde am 01.12.2020 im Bundesgesetzblatt verkündet und ist größtenteils am Tag nach seiner Verkündung in Kraft getreten. Im Mittelpunkt stehen diverse Änderungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Daneben erfolgten Änderungen im Unterlassungsklagengesetz (UKlaG), Gerichtskostengesetz (GKG), Urheberrechtsgesetz (UrhG), EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetz (EU-VSchDG), Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und Buchpreisbindungsgesetz (BuchPrG). Zudem wurde im Designgesetz eine Reparaturklausel als § 40a DesignG eingeführt.
Die Änderungen im UWG zielen laut Gesetzesbegründung darauf ab, missbräuchliche Abmahnungen einzudämmen, ohne jedoch die Interessen derjenigen Anspruchssteller unbillig zu behindern, die Abmahnungen in seriöser Weise zur außergerichtlichen Geltendmachung von Wettbewerbsverstößen einsetzen. Einige der wesentlichen Gesetzesänderungen im UWG stellen wir Ihnen im Folgenden vor:
Der neu eingeführte § 8c Abs. 1 UWG erklärt die Geltendmachung von Ansprüchen für unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist. § 8c Abs. 2 nennt eine Reihe von Umständen, unter denen eine missbräuchliche Geltendmachung im Zweifel anzunehmen ist, z.B. wenn die Geltendmachung der Ansprüche vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen oder von Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe entstehen zu lassen (§ 8c Abs. 2 Nr. 1 UWG). § 8c Abs. 3 UWG sieht im Fall der missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen vor, dass der Abgemahnte Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen fordern kann.
Im neuen § 13 UWG finden sich Regelungen zur wettbewerbsrechtlichen Abmahnung. § 13 Abs. 2 UWG n.F. (neue Fassung) normiert nunmehr konkrete Anforderungen, denen eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung genügen muss, insbesondere bestimmte Angaben, die in der Abmahnung in klarer und verständlicher Weise enthalten sein müssen. Ist die Abmahnung unberechtigt oder genügt sie nicht den Anforderungen nach § 13 Abs. 2 UWG n.F., hat der Abgemahnte nach Maßgabe vom § 13 Abs. 5 UWG n.F. gegen den Abmahnenden einen Anspruch auf Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen.
Ist die Abmahnung berechtigt und genügt den Anforderungen nach § 13 Abs. 2 UWG n.F., kann der Abmahnende vom Abgemahnten auch nach der neuen Gesetzeslage gemäß § 13 Abs. 4 UWG n.F. grundsätzlich Ersatz der erforderlichen Aufwendungen (Abmahnkosten) verlangen. Allerdings ist ein Ersatz von Abmahnkosten in den in § 13 Abs. 4 UWG n.F. genannten Ausnahmefällen nunmehr ausgeschlossen bei im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten (§ 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG n.F.) sowie gemäß § 13 Abs. 4 Nr. 2 UWG n.F. bei Verstößen von Unternehmen mit in der Regel weniger als 250 Mitarbeitern gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) oder das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG).
Des Weiteren wurde ein neuer § 13a UWG mit Regelungen zur Vertragsstrafe im Gesetz eingefügt. § 13a Abs. 1 UWG zählt Umstände auf, die bei der Festlegung einer angemessenen Vertragsstrafe zu berücksichtigen sind. Verspricht der Abgemahnte auf Verlangen des Abmahnenden eine unangemessen hohe Vertragsstrafe, schuldet er gemäß § 13a Abs. 4 UWG n.F. lediglich eine Vertragsstrafe in angemessener Höhe. Ist lediglich eine Vertragsstrafe vereinbart, deren Höhe noch nicht beziffert wurde oder schuldet der Abgemahnte nach § 13a Abs. 4 UWG n.F. nur eine Vertragsstrafe in angemessener Höhe anstelle einer zu hoch angesetzten Vertragsstrafe, kann der Abgemahnte nach § 13 Abs. 5 UWG n.F. bei Uneinigkeit über die Höhe der Vertragsstrafe auch ohne Zustimmung des Abmahnenden eine Einigungsstelle nach § 15 UWG anrufen.
Im Falle einer erstmaligen Abmahnung durch einen Mitbewerber wegen einem der in § 13 Abs. 4 UWG n.F. genannten Verstöße (Verstöße gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien sowie Verstöße gegen die DSGVO oder das BDSG) ist die Vereinbarung einer Vertragsstrafe nach § 13a Abs. 2 UWG n.F. ausgeschlossen, wenn der abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt. Außerdem dürfen Vertragsstrafen nach § 13a Abs. 3 UWG n.F. eine Höhe von 1.000 € nicht überschreiten, wenn die Zuwiderhandlung angesichts ihrer Art, ihres Ausmaßes und ihrer Folgen die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern in nur unerheblichem Maße beeinträchtigt und wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt.
Zudem wurde der sogenannte „fliegende Gerichtsstand“ durch § 14 Abs. 2 UWG n.F. eingeschränkt. Insbesondere bestimmt § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG n.F., dass ein Gerichtsstand am Ort der Zuwiderhandlung nicht eröffnet ist bei Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien.
Ferner wird durch die Änderungen in § 8 Abs. 3 UWG n.F., die allerdings erst am 01.12.2021 in Kraft treten, der Kreis der möglichen Anspruchssteller enger gefasst. So können künftig nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG n.F. nur solche Mitbewerber Ansprüche geltend machen, die Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreiben oder nachfragen. Zudem wurden in § 8 Abs. 3 Nr. 2 - 4 UWG n.F. erhöhte Anforderungen für die Aktivlegitimation von rechtsfähigen Verbänden, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b UWG eingetragen sind, sowie von qualifizierten Einrichtungen gem. § 4 UKlaG und von berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts wie Industrie- und Handelskammern oder Handwerkskammern geregelt.
Des Weiteren wurde durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs eine Reparaturklausel in § 40a DesignG neu eingefügt. Ziel dieser Neuregelung ist laut Gesetzesbegründung die Stärkung des Wettbewerbs bei formgebundenen Ersatzteilen komplexer Erzeugnisse. Insbesondere soll hierdurch gemäß der Gesetzesbegründung der Wettbewerb auf dem Markt für sichtbare Autoersatzteile liberalisiert werden.
Der am 02.12.2020 in Kraft getretene § 40a DesignG n.F. lautet:
§ 40a Reparaturklausel
(1) Es besteht kein Designschutz für ein in ein Erzeugnis eingebautes oder darauf angewandtes Design, das ein Bauelement eines komplexen Erzeugnisses ist und das allein mit dem Ziel verwendet wird, die Reparatur dieses komplexen Erzeugnisses zu ermöglichen, um ihm wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen. Dies gilt nicht, wenn der vorrangige Zweck, zu dem das genannte Bauelement auf den Markt gebracht wird, ein anderer als die Reparatur des komplexen Erzeugnisses ist.
(2) Absatz 1 findet nur Anwendung, sofern die Verbraucher ordnungsgemäß über den Ursprung des zu Reparaturzwecken verwendeten Erzeugnisses durch Verwendung einer Kennzeichnung oder in einer anderen geeigneten Form unterrichtet werden, so dass diese in Kenntnis der Sachlage unter miteinander im Wettbewerb stehenden Erzeugnissen für Reparaturzwecke wählen können.
Gemäß § 73 Abs. 2 DesignG n.F. gilt die in § 40a DesignG neu eingeführte Reparaturklausel jedoch nicht für bestehende Rechte aus einem eingetragenen Design, das vor dem 02.12.2020 angemeldet wurde.
Newsletter 03/2019
Entscheidung des BGH vom 26.04.2018
Missbräuchliche Abmahnungen
Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 26.04.2018 (Az. I ZR 248/16) eine missbräuchliche Rechtsverfolgung im Sinne von § 8 (4) Satz 1 UWG grundsätzlich vorliegt, wenn für den Abmahnenden kein ernstzunehmendes wirtschaftliches Interesse an der Rechtsverfolgung liegt und ihm durch die Vielzahl an Abmahnungen ein existenzbedrohender finanzieller Aufwand entsteht.
Dabei stellte der BGH die Anforderungen an die Prüfung einer missbräuchlichen Rechtsverfolgung im Falle von Massenabmahnungen klar und sieht eine missbräuchliche Abmahnung als gegeben an, wenn der Abmahnende in der gleichen Sache bereits eine einstweilige Verfügung gegen den betreffenden Hersteller eines Produkts, welches in den abgemahnten Baumärkten angeboten wurde, erwirkt hatte.
Fehlt darüber hinaus jedwedes wirtschaftliche Interesse an der Rechtsverfolgung, so bleibt auch der Umstand unberücksichtigt, dass der Abmahnende zuvor sich um eine einfache und kostengünstige Einstellung der Wettbewerbsverstöße ohne umfangreiche Abmahnaktionen bemüht hat.
Im konkreten Fall ging es um einen Briefkastenhersteller, der zahlreiche Verkäufer im Internet, einzelne Baumärkte eines Unternehmens sowie das Unternehmen selbst abgemahnt hatte, wobei dem Abmahnenden Anwaltskosten in sechsstelliger Höhe entstanden, die er noch nicht beglichen hatte. Der BGH sah hierin eine missbräuchliche Rechtsverfolgung, da ein fehlendes wirtschaftliches Interesse des Abmahnenden vorläge. Relevant war, dass die Waren des Abmahnenden seit ca. zehn Jahren nicht mehr im Sortiment der abgemahnten Baumärkte angeboten wurden. Daher war nach Ansicht des BGH nicht zu erkennen, dass ein Wettbewerbsverstoß zulasten der Umsätze des Abmahnenden gehen würde. Außerdem belief sich der letzte Jahresumsatz des Abmahnenden unter 6000 €.
Allgemein lässt sich aus diesem Fall ziehen, wie Gerichte in Zukunft missbräuchliche Rechtsverfolgung nach dem UWG zu bewerten haben und wie eine solche genau zu prüfen ist. Es bleibt zu hoffen, dass für die Begründung von sog. Massenabmahnungen weitere Hürden auferlegt wurden.
Wenn Sie weitere Informationen oder das Urteil im Wortlaut von uns erhalten möchten, setzen Sie sich mit uns in Verbindung. Wir senden Ihnen die Unterlagen gern zu.
Newsletter 02/2019
Verpackungsgesetz ab 01.01.2019 in Kraft
Zum 01.01.2019 ist das Verpackungsgesetz (VerpackG) in Kraft getreten und hat die Verpackungsverordnung abgelöst. Das Verpackungsgesetz sieht Pflichten für Hersteller, Importeure und Händler vor, deren Nichteinhaltung ein Vertriebsverbot, Bußgelder und wettbewerbsrechtliche Abmahnungen zur Folge haben können. Zudem wurden die Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) als Behörde mit hoheitlichen Aufgaben sowie das öffentliche Verpackungsregister LUCID geschaffen.
Systembeteiligungspflicht
Nach der in § 7 VerpackG geregelten Systembeteiligungspflicht hat jeder, der – unabhängig von der Vertriebsmethode oder Handelsstufe – systembeteiligungspflichtige Verpackungen erstmals in Verkehr bringt, sich an einem sogenannten „dualen System“ zu beteiligen. Hierzu gibt es mehrere anerkannte Anbieter.
Systembeteiligungspflichtige Verpackungen sind gemäß § 3 Abs. 8 VerpackG mit Ware befüllte Verkaufs- und Umverpackungen, die nach Gebrauch typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall anfallen. Zu den Verkaufsverpackungen zählen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 VerpackG neben Verpackungen, die dem Endverbraucher typischerweise als Verkaufseinheit aus Ware und Verpackung angeboten werden, auch Versandverpackungen und sogenannte Serviceverpackungen. Ausnahmen sind in § 12 VerpackG geregelt.
Private Endverbraucher sind sowohl private Haushalte als auch sogenannte „vergleichbare Anfallstellen“ im Sinne des § 3 Abs. 11 S. 2 VerpackG z.B. Gaststätten, Verwaltungen, Niederlassungen von Freiberuflern. „Vergleichbare Anfallstellen“ sind nach § 3 Abs. 11 S. 3 VerpackG außerdem landwirtschaftliche Betriebe und Handwerksbetriebe, deren Verpackungsabfälle mittels haushaltsüblicher Sammelgefäße sowohl für Papier, Pappe und Karton als auch für Kunststoff-, Metall- und Verbundverpackungen, jedoch maximal mit einem 1 100-Liter-Umleerbehälter je Sammelgruppe, im haushaltsüblichen Abfuhrrhythmus entsorgt werden können.
Da § 3 Abs. 8 VerpackG auf das erstmalige Inverkehrbringen von mit Ware befüllten Verpackungen abstellt, ist beispielsweise auch ein Versandhändler, der Ware ankauft und weiterveräußert, in Bezug auf die von ihm an private Endverbraucher versendeten Transportverpackungen wie Versandkartons, Füllmaterial und sonstige Verpackungsbestandteile wie Klebeband, Versandetiketten etc. systembeteiligungspflichtig.
Bei der Systembeteiligungspflicht gibt es keine Freimengen oder Bagatellgrenzen. Sie gilt also auch für Kleinunternehmer – auch Online-Händler.
Unter den Voraussetzungen des § 8 VerpackG kann anstelle der Systembeteiligung alternativ eine sogenannte „Branchenlösung“ gewählt werden.
Registrierungspflicht
Jeder, der nach § 7 VerpackG systembeteiligungspflichtig ist, hat sich nach § 9 VerpackG vor dem Inverkehrbringen von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen bei der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister („Zentrale Stelle“) registrieren zu lassen.
Name, Anschrift und Kontaktdaten der registrierten Vertreiber sowie deren Registrierungsnummer und der Markennamen, unter denen der Registrierte seine systembeteiligungspflichtigen Verpackungen in Verkehr bringt, sind im Online-Register LUCID öffentlich einsehbar. Somit ist für jedermann nachprüfbar, ob der Betreffende seiner entsprechenden Pflicht nachkommt.
Wie bei der Systembeteiligungspflicht gibt es auch bei der Registrierungspflicht keine Freimengen oder Bagatellgrenzen.
Datenmeldepflicht
Jeder Systembeteiligungspflichtige hat die Materialart und Masse seiner am System zu beteiligenden Verpackungen sowohl an das von ihm ausgewählte System als auch an die „Zentrale Stelle“ zu melden. Die Anzahl der jährlichen Meldungen an das ausgewählte duale System richtet sich nach der Vereinbarung mit dem Systemanbieter. Jedes Mal, wenn eine Meldung an den Systemanbieter erfolgt, hat gemäß § 10 VerpackG unverzüglich auch eine identische Meldung an die „Zentrale Stelle“ zu erfolgen.
Bei der Datenmeldepflicht gibt es ebenfalls keine Freimengen oder Bagatellgrenzen. Bei Überschreiten der in § 11 Abs. 4 VerpackG genannten Schwellenwerte ist zusätzlich eine sogenannte Vollständigkeitserklärung im Sinne von § 11 Abs. 1 – 3 VerpackG abzugeben.
Folgen bei Verstößen
Bei nicht ordnungsgemäßer Registrierung besteht ein Vertriebsverbot. Nach § 9 Abs. 5 VerpackG dürfen Hersteller systembeteiligungspflichtige Verpackungen nicht in Verkehr bringen, wenn sie nicht ordnungsgemäß registriert sind und Vertreiber dürfen systembeteiligungspflichtige Verpackungen nicht zum Verkauf anbieten, wenn die Hersteller dieser Verpackungen nicht ordnungsgemäß registriert sind.
Zudem drohen bei Verstößen gegen im Verpackungsgesetz geregelte Pflichten, insbesondere gegen die Systembeteiligungs-, Registrierungs- und Datenmeldepflicht, erhebliche Bußgelder. Außerdem können wettbewerbsrechtliche Abmahnungen drohen.
Newsletter 01/2019
Entscheidung des EUIPO vom 11.01.2019
Löschung der Marke „Big Mac“
Einer Entscheidung des Europäischen Markenamtes (EUIPO) in Alicante, Spanien nach wurde am 11.01.2019 einem Löschungsantrag bzgl. der Marke „Big Mac“ (Nr. 62 638) von McDonald’s stattgegeben. In diesem Fall berief sich die Klägerin, die irische Fast-Food-Kette Supermac’s, auf den Art. 58(1)(a) der Unionsmarkenverodnung (UMV). Darin heißt es, dass nach fünf Jahren ununterbrochener Nichtbenutzung einer Marke diese auf Antrag für verfallen erklärt werden kann und aus dem Unionsmarkenregister gelöscht wird. Supermac’s hatte am 11.04.2017 diesen Antrag auf Löschung für sämtliche Waren und Dienstleistung der Marke „Big Mac“ gestellt.
McDonald’s erwiderte diesen Antrag mit der Darlegung zahlreicher Beispiele der ernsthaften Benutzung, indem eidesstattliche Erklärungen über jährliche Verkaufszahlen der letzten fünf Jahre von leitenden Vertretern der McDonald’s-Unternehmen in Deutschland, Frankreich und Großbritannien vorgelegt wurden. Darüber hinaus wurden Broschüren, Werbeposter, Speisekarten, Rabattmarken sowie Ausdrucke von zahlreichen Internetauftritten von McDonald’s in sämtlichen Mitgliedsländern der Europäischen Union vorgelegt. Außerdem wurde noch ein Artikel zum Big Mac der englischsprachigen Wikipedia angeführt.
Das EUIPO befand die vorgelegten Benutzungsbeweise für unzureichend, um eine ernsthafte Benutzung der Marke innerhalb der letzten fünf Jahre nachzuweisen. Dabei stütze es sich auf den Art. 97(1)(f) UMV, wobei Aussagen der Interessenpartei oder deren Angestellten ein geringeres Gewicht zugesprochen wird als unabhängigen Zeugenaussagen. Darüber hinaus schätzte das Amt die vorgelegten Beweise als nicht aussagekräftig in Bezug auf den Umfang der Benutzung ein. Demzufolge fehlen evidente Angaben zum wirtschaftlichen Umsatz, der territorialen Verbreitung sowie der Dauer und Häufigkeit der Benutzung der Marke. Das Bewerben einer Marke auf einer Website ohne Angabe zum bspw. möglichen Erwerb der Ware bzw. Dienstleistung reicht hierfür dem Amt zufolge nicht aus. Ein Zusammenhang zwischen Werbung und Umsatz ließ sich daraus nicht ableiten. Schließlich haben laut EUIPO Wikipedia-Artikel keine Beweiskraft, da sie von jedem Wikipedia-Benutzer geändert werden könnten und keine zuverlässige Informationsquelle darstellen. Somit blieb dieser Artikel für die Verteidigung unberücksichtigt. McDonald’s kündigte in diesem Zusammenhang weitere rechtliche Schritte gegen die Entscheidung des EUIPO an.
Unserer Einschätzung nach fällt dieser Entscheidung eine besondere Bedeutung zu, da hier eidesstattliche Erklärungen zu vorgelegten Geschäftszahlen als Beweis für die Benutzung einer Marke als zu schwach eingeschätzt wurden, um eine ernsthafte Benutzung nachzuweisen. Es bleibt die Frage, wie im weiteren Verlauf Gerichte diese Entscheidung bewerten werden, da hiervon der Schutz vieler Marken abhängt.
Newsletter 04/2018
Urteil EuGH vom 04.10.2018 – C-105/17 (fünfte Kammer)
Anforderungen an den Begriff des Gewerbetreibenden beim InternethandelRechtsstreit KfV ./. Kamenova
Der EuGH hat mit Urteil vom 04.10.2018 – C-105/17 ein Urteil zur Frage der Einordnung einer Person, die im Internet Waren zum Verkauf anbietet getroffen in der Hinsicht, ob eine solche Person als Gewerbetreibender anzusehen ist. Hierbei hat der EuGH Kriterien aufgestellt, nach denen zu ermitteln ist, ob eine Person, die gleichzeitig mehrere Anzeigen, in denen neu und gebrauchte Waren zum Verkauf angeboten werden, und diese auf einer Webseite veröffentlicht, Gewerbetreibende oder Unternehmer im Sinne des Artikel 2 b) und d) der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern ist.
Sachverhalt
Eine Frau Kamenova wurde von der bulgarischen Kommission für Verbraucherschutz, im Folgenden „KfV“ bezeichnet, wegen einer gegen Frau Kamenova verhängten Geldbuße in Anspruch genommen.
Dem Rechtsstreit vorausgegangen war, dass ein Verbraucher aufgrund eines Fernabsatzvertrages eine Armbanduhr über die Webseite www.olx.bg erworben hat. Nach Erhalt der Ware war er der Auffassung, dass die Armbanduhr nicht die Eigenschaften besitze, die in der Anzeige genannt worden seien und legte daher bei der KfV eine Beschwerde ein, nachdem der Lieferant (Betreiber der Plattform) es abgelehnt hatte, die Armbanduhr gegen Rückzahlung des Entgeltes zurückzunehmen.
Nach einer Überprüfung stellte die KfV fest, dass Frau Kamenova, die auf der vorgenannten Webseite unter einem Pseudonym registriert war, die Verkäuferin der Armbanduhr war. Nach den Angaben des Betreibers der Webseite www.olx.bg soll Frau Kamenova unter ihrem Pseudonym acht Anzeigen über den Kauf verschiedener Waren getätigt haben, darunter auch die Anzeige der in Rede stehenden Armbanduhr. Die KfV stellte fest, dass Frau Kamenova eine Ordnungswidrigkeit begangen habe und verhängte Ordnungsgelder und einen Bußgeldbescheid auf Basis nationaler Rechtsvorschriften, die aber ihrer Rechtsgrundlage in der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr finden. Nach Ansicht der KfV hatte es Frau Kamenova in sämtlichen der streitbefangenen Anzeigen unterlassen, Angaben zu Name, Postanschrift und E-Mailadresse des Gewerbetreibenden, zum Preis der zum Verkauf angebotenen Ware, einschließlich aller Steuern und Abgaben, zu den Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, zum Recht des Verbrauchers auf Wiederruf nach dem Fernabsatzgesetz und zu Bedingungen, Frist und Verfahren der Ausübung dieses Rechts zu machen, sowie darauf hinzuweisen, dass eine gesetzliche Gewährleistung für die Vertragsgemäßheit der Ware besteht.
Gegen diesen Bescheid erhob Frau Kamenova Klage vor dem zuständigen Kreisgericht in Bulgarien. Dieses hob mit Urteil den Bußgeldbescheid auf, mit der Begründung, Frau Kamenova sei keine Gewerbetreibende im Sinne des Gesetzes. Gegen dieses Urteil legte die KfV Beschwerde zum zuständigen Gericht ein, welches nunmehr dem EuGH die Frage vorlegte, ob eine natürlicher Person, die gleichzeitig eine Reihe von Anzeigen, in denen neu und gebrauchte Waren zum Verkauf angeboten werden, auf einer Webseite veröffentlicht, als Gewerbetreibender im Sinne von Artikel 2 b) der Richtlinie 2005/29 eingestuft werden kann und zum zweiten, ob eine solche Tätigkeit eine „Geschäftspraxis“ im Sinne von Artikel 2 d) dieser Richtlinie darstellt.
Der EuGH kam in seinem Urteil zur Ansicht, dass der Begriff Gewerbetreibender bzw. Unternehmer im Sinne der Richtlinie nahezu identisch definiert sind. Es sind daher der Begriff Gewerbetreibender und Unternehmer im Sinne der Richtlinie einheitlich auszulegen.
Gewerbetreibender im Sinne der Richtlinie ist eine jede natürlicher oder juristische Person, die eine entgeltliche Tätigkeit ausübt. Für die Einstufung als Gewerbetreibender bzw. Unternehmer ist es daher erforderlich, dass die betreffende Person im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handelt bzw. zu Zwecken tätig wird, die ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können, oder ob diese im Namen oder Auftrag des Gewerbetreibenden bzw. Unternehmers handelt.
Der Begriff des Gewerbetreibenden bzw. Unternehmers ist nach Sicht des EuGHs im Lichte des Verbraucherbegriffs zu bestimmen, der eben gerade nicht Gewerbetreibender bzw. Unternehmer ist. Ein Verbraucher ist gegenüber einem Gewerbetreibenden in einer unterlegenen Position, da er als wirtschaftlich schwächerer und rechtlich weniger erfahrener als sein Vertragspartner angesehen werden muss.
Im Gegenzug ist damit Gewerbetreibender bzw. Unternehmer ein funktionaler Begriff, der die Beurteilung impliziert, ob die Vertragsbeziehung oder die Geschäftspraxis innerhalb der Tätigkeit liegt, die eine Person im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt.
EuGH hat insoweit anerkannt, dass die bloße Tatsache, dass mit dem Verkauf ein Erwerbszweck verfolgt wird oder dass eine natürliche Person gleichzeitig eine Reihe von Anzeigen, in denen neue und gebrauchte Waren zum Verkauf angeboten werden, auf einer Online-Plattform dies veröffentlicht, alleine nicht ausreicht, um diese Person bereits als Gewerbetreibende im Sinne der Richtlinie einzustufen. Eine solche Tätigkeit stellt auch nur dann eine Geschäftspraxis dar, wenn diese Person im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handelt. Dies ist anhand aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Die Umstände des Einzelfalls sind an folgenden Kriterien zu untersuchen:
Ausblick
Das Urteil des EuGHs legt nunmehr nahe, dass als Gewerbetreibender nur derjenige einzustufen ist, der eine „professionelle“ Internetseite und einen solchen Auftritt betreibt. Verkäufer z.B. über Ebay, insbesondere Verkäufer, die über ein Pseudonym verkaufen und keine ordnungsgemäßen Belehrungen und Warenpräsentation vornehmen, wären nach Ansicht des EuGHs zunächst nicht als Gewerbetreibender einzustufen. Hierzu müssen mehrere Kriterien vorliegen.
Aussichten
Das Urteil dürfte dazu führen, dass diverse Dritte im Internet unter Pseudonymen weiterhin Ware vertreiben und vorgeben Privatperson zu sein, obwohl Sie tatsächlich Händler sind. Der Anspruchsteller muss aufzeigen, dass eine Händlereigenschaft/Unternehmereigenschaft vorliegt, was sehr häufig aufgrund der mangelnden Beweislage nicht erfolgen kann.
Daher ist dringend davon abzuraten über Plattformen, bei denen sich der Verkäufer nicht klar identifizieren lässt, und die erforderlichen Angaben zur Gewährleistung unterlässt, die wettbewerblichen „Regeln“ unterlaufen kann.
Wir sehen die Wertung des EuGHs in der Weise, dass ein Käufer, der auf einer dubiosen Internetseite einkauft, keinen Schutz genießt.
Für Fragen oder für den Fall, dass Sie das Urteil im Volltext erhalten möchten, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Newsletter 03/2018
Urteil des OLG Düsseldorf vom 06.04.2017 – I-2 U 51/16
Anbieten eines in Deutschland geschützten Gegenstands im patentfreien Ausland
Wir möchten Sie heute über das Urteil des OLG Düsseldorf vom 06. April 2017, Aktenzeichen I-2 U 51/16, in Kenntnis setzen. Das OLG Düsseldorf hat in seinem Urteil festgehalten, dass ein Anbieten eines patentgeschützten Gegenstands gemäß § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG auch dann vorliegen kann, wenn das Angebot noch keine konstruktiven Details enthält.
Zum Sachverhalt:
Die Beklagte im vorliegenden Fall hat in ihrem Firmensitz in Deutschland ein Modell einer Anlage präsentiert, welche ähnlich zu einer patentgeschützten Anlage der Klägerin ausgebildet ist, aber Unterschiede zur patentgeschützten Anlage aufweist. Das Modell sowie weitere von der Beklagten herausgegebene Unterlagen hierzu beschreiben die Funktionsweise der Anlage der Beklagten.
Die Beklagte hat anschließend ein Angebot für die Anlage an ein ausländisches, im patentfreien Ausland ansässiges Unternehmen abgegeben. Infolgedessen kam es zur Herstellung einer von der Beklagten modifizierten Anlage im patentfreien Ausland. Die im Ausland hergestellte Anlage wies jedoch die Merkmale der patentgeschützten Anlage auf, wobei nach Ansicht der Klägerin das Anbieten der Anlage durch die Beklagte in Deutschland eine Schutzrechtsverletzung gemäß § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG darstelle. Die Klägerin hat die Beklagte daher, auch aufgrund des Anbietens, wegen Patentverletzung gerichtlich in Anspruch genommen, da die von der Beklagten im Ausland hergestellte Anlage unter den Schutzumfang des Patents falle. Die Beklagte hat dem entgegengehalten, dass das vorgestellte Modell der Anlage keine Patentverletzung darstelle und ihr Angebot der Anlage keine konstruktiven Details enthalten habe, welche der patentgeschützten Anlage entsprächen. Die Herstellung der Anlage im patentfreien Ausland selbst stelle keine Patentverletzung dar. Im Weiteren habe das Angebot keine wesentlichen Merkmale enthalten, die der geschützten Anlage entsprechen. Die Details der Ausgestaltung der Anlage wurden im Ausland besprochen, so dass keine Patentverletzung vorgelegen habe.
Entscheidung des Gerichts
Das OLG Düsseldorf hat in zweiter Instanz entschieden, dass auch dann ein Anbieten gemäß § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG vorliegen kann, wenn das Angebot nicht alle für eine Patentverletzung erforderlichen Angaben hinsichtlich der Ausgestaltung der Anlage enthält, da das Angebot im Inland zur Herstellung einer patentgeschützten Anlage im Ausland geführt hat. Folglich war das Angebot auf eine patentverletzende Anlage gerichtet.
Weiterhin ist das Anbieten allein als Verletzungshandlung zu sehen und nicht nur als vorbereitende Maßnahme für eine Patentverletzung.
Es kam im vorliegenden Fall nicht darauf an, dass bereits ein Gegenstand in seiner patentverletzenden Ausführung präsentiert oder angeboten wurde, wesentlich war vielmehr, „dass die Beklagte unter Einbeziehung ihres gesamten Verhaltens tatsächlich eine Nachfrage zu schutzrechtsverletzenden Gegenständen geweckt hat“ (OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.04.2017 – AZ I-2 U 51/16).
Wichtig für Sie
Es kann bereits auch dann ein Anbieten vorliegen, wenn der angebotene Gegenstand nicht abschließend spezifiziert ist. In diesem Zusammenhang ist auch wesentlich, was die angesprochenen Verkehrskreise dem Angebot entnehmen. Das OLG Düsseldorf legt das Anbieten nach § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG damit weiter aus als die bisherige Rechtsprechung des BGH, wonach ein konkreter Gegenstand angeboten werden müsse.
Die Entscheidung ist vor allem im Hinblick auf Vertragsverhandlungen mit ausländischen Kunden relevant, da es zu einer Patentverletzung durch ein Anbieten gemäß § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG kommen kann (Mitt. 10/2017, 456 f).
Für Fragen oder für den Fall, dass Sie das Urteil im Volltext erhalten möchten, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Newsletter 02/2018
Urteil des EuG vom 24.01.2018 – T-69/17
"Fack ju Göthe" ist als Unionsmarke nicht eintragungsfähig
Wir möchten Sie heute über das Urteil des EuG vom 24.01.2018, Aktenzeichen T-69/17, in Kenntnis setzen. In diesem Urteil hat der EuG festgehalten, dass die Unionsmarkenanmeldung „Fack ju Göhte“, wegen Verstoß gegen die guten Sitten, nicht als Marke eingetragen werden kann.
Zum Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Filmproduktionsgesellschaft mit Sitz in Deutschland. Sie hat am 21.04.2015 die Marke „Fack ju Göhte“, Anmeldenummer 013 971 163, für Waren der Klassen 3, 9, 14, 16, 18, 21, 25, 28, 30, 32, 33, 38 und 41 angemeldet.
„Fack ju Göhte“ ist der Titel einer von der Klägerin produzierten Filmkomödie, die unter anderem im Jahre 2013 ein großer Kinoerfolg war. Das EUIPO hat die Markenanmeldung zurückgewiesen. Hiergegen richtete sich die Klage zum EuG.
Das EuG wies die Klage zurück, unter Verweis darauf, dass die Anmeldung gegen die guten Sitten verstoße.
Für den Durchschnittsverbraucher sei die gewählte Schreibweise dem Ausdruck „Fuck you“ ähnlich. Diesem Begriff habe die Klägerin dem Bestandteil „Göhte“ hinzugefügt, der dem Familiennamen des Schriftstellers und Dichters Wolfgang von Goethe ähnlich sei.
Dem englischen Ausdruck „Fuck you“ ist, so das EuG, in seiner ureigenen Bedeutung eine sexuelle Bedeutung beizumessen und werde von Vulgarität geprägt. Das am Ende des Zeichens hinzugefügte Wort „Göhte“ ermögliche eine Bestimmung des Adressaten, sei aber nicht geeignet, die Vulgarität abzumildern. Dem Umstand, dass der Film „Fack ju Göhte“ von mehreren Millionen Menschen gesehen wurde, schenkte das Gericht keine Bedeutung. Aus diesem Umstand ergebe sich nicht, dass die maßgeblichen Verkehrskreise nicht von dem angemeldeten Zeichen schockiert wären. Auch die „falsche Schreibweise“ führe nicht aus dieser Bedeutung heraus. Das Gericht sah auch keine scherzhafte Verwendung des Begriffes und konnte auch dem Vortrag der Klägerin nicht folgen, dass aus der Bezeichnung ein Schulfrust der Schüler spreche und die Wortkombination auf einen jugendlichen Slang hinweise. Der Umstand, dass ein Teil der maßgeblichen Verkehrskreise eine äußerst derbe Ausdrucksweise für akzeptabel halte, reiche ebenfalls nicht aus, um aus dem Eintragungshindernis herauszuführen. Bei der Beurteilung der Eintragungshindernisse ist auf die Auffassung einer vernünftigen Person, mit durchschnittlicher Empfindungs- und Toleranzschwelle zu referenzieren. Eine solche Person findet die Markenanmeldung für anstößig.
Wichtig Für Sie:
Der EuG legte damit fest, dass auch in Zeiten der Jugendsprache eine zumindest wahrnehmbare Schwelle für gegen die guten Sitten verstoßende Markenanmeldungen einzuhalten ist. Damit legt das EuG fest, dass auf die Mehrzahl der Verkehrskreise abzustellen ist und nicht auf die Empfindung oder den Geschmack einzelner Personen oder Personenkreise.
Für Fragen oder für den Fall, dass Sie das Urteil im Volltext erhalten möchten, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Newsletter 01/2018
Kennzeichnung von Verbraucherprodukten mit Herstellerkontaktdaten
Wir begrüßen Sie im Neuen Jahr 2018 und möchten Sie zum Start in das Geschäftsjahr über das insbesondere für Händler relevante Urteil des BGH vom 11.05.2017, Aktenzeichen: I ZR 59/16, mit den Vorinstanzen des Oberlandesgerichts Nürnberg und des Landgerichts Nürnberg-Fürth, in Kenntnis setzen. In diesem Urteil hat der BGH festgestellt, dass ein jedes Produkt, das nicht ordnungsgemäß den Hersteller auf der Ware oder der Verpackung, und zwar mit Namen mit kompletter Anschrift benennt, ein unsicheres Produkt im Sinne des § 6 Abs. 5 Satz 1 Produktsicherheitsgesetz ist.
Zum Sachverhalt:
Die Beklagte vertrieb über einen Online-Shop Kopfhörer. Im Rahmen eines Testkaufs erwarb der Kläger entsprechende Kopfhörer und stellte fest, dass weder die Kopfhörer, noch die Verpackung der Kopfhörer, eine Kontaktanschrift des Herstellers und im Übrigen auch keine weiteren Kennzeichnungen trugen, die eine Identifizierung des Herstellers ermöglichten. Der Kläger nahm daher die Beklagte auf Grundlage des UWG in Anspruch.
Ausführungen des BGH:
Gemäß der Feststellung des BGH im vorgenannten Urteil hat gem. § 6 Abs. 5 Satz 1 Produktsicherheitsgesetz ein Händler, der ein Verbraucherprodukt vertreibt, dazu beizutragen, dass nur sichere Verbraucherprodukte auf dem Markt bereitgestellt werden. Ein Händler dürfe nach § 6 Abs. 5 Satz 2 Produktsicherheitsgesetz keine Verbraucherprodukte auf dem Markt bereitstellen, von denen er weiß oder auf Grund der ihm vorliegenden Informationen oder seiner Erfahrungen wissen muss, dass das Verbraucherprodukt nicht den Anforderungen nach § 3 Produktsicherheitsgesetz entspricht. Der BGH hat insoweit, unter Verweis auf das Urteil „Motivkontaktlinsen“ (BHG, Urteil vom 12.01.2017, Az. I ZR 258/15) ausgeführt, dass es sich bei der Angabe des Namens und der Kontaktanschrift des Herstellers um Angaben handelt, die für die Sicherheit der Verbraucherprodukte von Bedeutung sind. Abschließend hat der BGH noch festgestellt, dass ein Händler aufgrund seiner zu berücksichtigenden Erfahrung die Rechtslage kennen muss. Ein Händler muss wissen, dass die von ihm auf den Markt bereit gestellten Verbraucherprodukte nicht im Sinne von § 6 Abs. 5 Satz 1 Produktsicherheitsgesetz sicher sind, wenn diese Verbraucherprodukte weder auf der Verpackung, noch auf der in der Verpackung enthaltenen Ware, mit dem Namen und der Kontaktanschrift des Herstellers versehen sind.
Für Sie wichtig:
Vertreiben Sie als Händler Verbraucherprodukte, so müssen Sie dafür Sorge tragen, dass entweder auf der Verpackung und/oder auf dem Verbraucherprodukt selbst der (vollständige) Name und die (vollständige) Anschrift des Herstellers vorhanden sind. Ist dies nicht der Fall, setzen Sie sich Ansprüchen aus unlauterem Wettbewerb und auch aus dem Produktsicherheitsgesetz selbst aus.
Für Fragen oder für den Fall, dass Sie das Urteil im Volltext erhalten möchten, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Newsletter 08/2017
Urteil des Schweizer Bundesgerichts vom 17.07.2017 – 4 A 115/2017
Entscheidung des Schweizer Bundesgerichts in einer Urheberrechtsangelegenheit
Im Rahmen der Vorbereitung unseres Kamingespräches am 23.01.2018, 16:00 Uhr in unserem Hause, möchten wir sie über die Entscheidung des Schweizer Bundesgerichts, Urteil vom 17.07.2017, Az.: 4 A 115/2017 in einer Urheberrechtsangelegenheit informieren.
In dieser Entscheidung hat das Schweizer Bundesgericht festgestellt, dass für den Barhocker „BFG Barhocker“, entworfen von Herrn Max Bill, wie nachfolgend abgebildet, Urheberrechtsschutz besteht:
Das Gericht kommt in seinen Ausführungen zu dem Ergebnis, dass durch die minimalistische Ausgestaltung der für einen Barhocker notwendigen Elemente und ihrer aufeinander abgestimmten Proportionen, ein Barhocker einen Gesamteindruck erwecken kann, der ihn als solchen individualisiert und von den vorbekannten Barhockern deutlich abhebt. Der Urheberschutz kann einem solchen Werk daher nicht versagt werden.
Interessant für den vorliegenden Fall ist, dass die Klägerin eine Stiftung ist, die unter anderem die Wahrnehmung der Werke von Max Bill, deren Sammlungen, Pflege und Förderung der wissenschaftlichen Forschung sowie die Wahrung von Urheberrechten als Stiftungszweck besitzt. Verklagt im Verfahren war eine Möbelfabrik, die die Barhocker in der Schweiz angeboten und vertrieben hat.
In das Verfahren waren vier ältere Barhocker als Formenschatz, wie nachfolgend abgebildet, eingeführt worden:
Das Gericht konnte aber aus diesen vier Modellen, keinen Formenschatz/künstlerischen Schritte entnehmen, die an der Entstehung des Urheberrechts für Max Bill hätte rütteln können.
Relevant bei dem Verfahren war insoweit, dass die Klägerin nachweisen konnte, dass die maßgebende Fassung des urheberrechtlichen Schutzes auf der Expo 1994 in Lausanne ausgestellt worden war.
Das Gericht hat sich in der Entscheidung auf die üblichen Formulierungen zurückgezogen, wonach Werke der angewendeten Kunst Urheberrechtsschutz genießen, wenn sie als geistige Schöpfung mit individuellem Charakter anzusehen sind. Eine Originalität im Sinne einer persönlichen Prägung durch den Urheber ist nicht erforderlich. Die Anforderungen an die Individualität hängen vom Spielraum ab, der für die individuelle Gestaltung zur Verfügung steht, je geringer diese ist, desto eher ist Individualität zu bejahen. Diktiert allerdings der Gebrauchszweck die Gestaltung durch vorbekannte Formen derart, dass für individuelle oder originale Merkmale praktisch kein Raum verbleibt, liegt ein rein handwerkliches Erzeugnis vor, dass vom Schutz des Urheberrechts auszunehmen ist.
Das Gericht hat festgehalten, dass sich der Barhocker von Max Bill durch seine reduzierte Formgebung auszeichnet, wobei das Konzept des Barhockers definiert wird als Verbindung einer runden Sitzfläche mit leicht schräg gestellten Beinen und einem Ring, der die Konstruktion stabilisiert und gleichzeitig als Fußstütze dient. Da bereits durch die vorgenommene Minimalisierung der Formgebung, durch welchen sich der Barhocker von Max Bill auszeichnet, keine weitere Reduzierung der Bauform denkbar ist, zeigt sich gerade in dieser Ausgestaltung nach Max Bill eine Gestaltung mit minimalen Elementen, die in ihrer Eleganz beeindruckt. Die funktional notwendigen Elemente eines Barhocker, nämlich Träger, Sitzfläche und Leiste, sind beim Barhocker von Max Bill in der Weise ausgeführt, dass diese die mechanischen Voraussetzungen zum Einsatz eines Barhockers erfüllen, dennoch aber weiteren Raum für andere ähnliche Produkte gewährt, sodass von einem technisch funktionalen Zwangsformgebung nicht ausgegangen werden kann, sodass durch den Entwurf von Max Bill keine Monopolisierung für Barhocker eingetreten ist. Durch die „minimalistische“ Ausgestaltung der für einen Barhocker notwendigen Elemente und ihre aufeinander abgestimmte Proportionen erweckt der Barhocker von Max Bill einen Gesamteindruck, der ihn als solchen individualisiert und von den vorbekannten Modellen deutlich abhebt.
Zusammenfassung:
Problematisch am Fall und überhaupt bei derartigen gelagerten Fällen im Urheberrecht ist, dass es sich zumeist um sehr alte Rechte handelt und ein Formenschatz, der zeitlich vor der Geltendmachung des Urheberschutzes nachgewiesen werden muss, nahezu unmöglich auffindbar ist. Dies wird für die Zukunft ein Problem in ähnlichen gelagerten Fällen darstellen.
Im Rahmen des Kamingespräches können wir dies weiter erörtern.
„Ein im Ausland ansässiger Lieferant eines im Inland patentgeschützten Erzeugnisses, der einen ebenfalls im Ausland ansässigen Abnehmer beliefert, ist nicht ohne weiteres verpflichtet, die weitere Verwendung der gelieferten Ware durch den Abnehmer zu überprüfen oder zu überwachen.
Der Lieferant ist in der genannten Lage zu einer Überprüfung des Sachverhalts verpflichtet, wenn für ihn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die es als naheliegend erscheinen lassen, dass seine Abnehmer die gelieferte Ware ins Inland weiterliefern oder dort anbieten.“
(Auszug aus dem Leitsatz des BGH „Abdichtsystem“, Urt. v. 16.05.2017, X ZR 120/15)
Newsletter 07/2017
Urteil des BGH vom 16.05.2017 – X ZR 120/15
Patentverletzung durch einen im Ausland ansässigen Lieferanten, der ebenfalls im Ausland ansässige Abnehmer beliefert
Wir möchten Sie auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16.05.2017 hinweisen, welches Voraussetzungen benennt, wann ein im Ausland ansässiger Lieferant für Patentverletzungen eines ebenfalls im Ausland ansässigen Abnehmers haftbar gemacht werden kann.
In dem vorliegenden Fall hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass für den Lieferanten eine Überprüfungspflicht entsteht, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die für eine Patentverletzung sprechen.
Für eine Patentverletzung sprechende Anhaltspunkte können vorliegen, wenn
Nicht hinreichend konkrete Anhaltspunkte liegen vor, wenn
Der Lieferant muss beim Vorliegen einer der oben genannten Anhaltspunkte den Abnehmer befragen und auf eine mögliche Patentverletzung hinweisen. Ohne eine „plausible Antwort“ kann der Lieferant gegen seine Rechtspflicht verstoßen.
Hat der Lieferant seine Rechtspflicht verletzt, können gegen den Lieferanten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und Schadensersatz bestehen. Der Anspruch auf Rechnungslegung kann sich nicht nur auf die direkt mit der Patentverletzung in Verbindung stehenden Lieferungen sondern auf alle Lieferungen beziehen, welche einem Patentinhaber die notwendigen Informationen zur Schadensberechnung geben und zumutbar erteilt werden können.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich jederzeit gerne zur Verfügung. Bei Bedarf können wir Ihnen das Urteil des BGH gerne im Volltext zur Verfügung stellen.
„Zahlungen, die an einen Unternehmer von dessen Wettbewerbern als Aufwendungsersatz aufgrund von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen geleistet werden, sind umsatzsteuerrechtlich als Entgelt im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Unternehmer und den von ihm abgemahnten Wettbewerbern – und nicht als nicht steuerbare Schadensersatzzahlungen – zu qualifizieren.“
(Leitsatz des BFH, Urteil vom 21.12.2016 – XI R 27/14)
Newsletter 06/2017
Urteil des Bundesfinanzhofs vom 21.12.2016 – XI R 27/14
Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Abmahnungen durch einen Mitbewerber
Wir möchten Sie heute auf ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Abmahnkosten in Kenntnis setzen. Diesbezüglich wird die langjährige gefestigte Praxis nunmehr unerwartet eine Änderung erfahren.
Bisherige Praxis und Rechtsprechung
Nach bisheriger jahrzehntelanger Praxis wurden Zahlungen, die ein Mitbewerber zur Erstattung seiner Abmahnkosten vom Verletzer erhält, als nicht zu versteuernde Schadensersatzzahlungen betrachtet. Diese Auffassung vertrat in erster Instanz auch noch das Finanzgericht Münster (Urteil vom 03.04.2014, 5 K 2386/11 U) sowie in einem anderen Fall das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 30.11.2016, 7 K 7078/15). Lediglich bei Abmahnungen durch sogenannte Abmahnvereine wurde die Erstattung von Abmahnkosten bislang als umsatzsteuerbares Entgelt angesehen (BFH, Urteil vom 16.01.2003, V R 92/01).
Neue Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs
Nach dem eingangs zitierten Urteil des BFH vom 21.12.2016 sieht dieser nun Zahlungen, die ein Mitbewerber zur Erstattung seiner Abmahnkosten erhält, als umsatzsteuerrechtlich relevanten Vorgang an. Nach Auffassung des BFH handelt es sich um einen entgeltlichen Leistungsaustausch im umsatzsteuerrechtlichen Sinne. Hierzu argumentiert der BFH, die Abmahnung weise dem Abgemahnten einen Weg, den Mitbewerber ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen, sodass der Abmahnende dem Abgemahnten einen konkreten Vorteil verschaffe.
Folgen für die Praxis
Gemäß der Entscheidung des BFH hat der Abmahnende Umsatzsteuer für Zahlungen, die er zur Erstattung seiner Abmahnkosten von einem Mitbewerber erhält, abzuführen. Diese kann er zusätzlich zum Nettobetrag der Abmahnkosten vom Abgemahnten erstattet verlangen. Im Falle einer Betriebsprüfung kann eine Nachzahlung fällig werden, wenn Erstattungszahlungen für Abmahnkosten vereinnahmt worden sind, für die bislang keine Umsatzsteuer abgeführt worden ist.
Übertragung auf andere Rechtsgebiete
Zwar betrifft die zitierte Entscheidung des BFH unmittelbar nur wettbewerbsrechtliche Abmahnungen, allerdings wird überwiegend davon ausgegangen, dass diese Argumentation zukünftig auf Abmahnungen aus gewerblichen Schutzrechten wie Patenten, Gebrauchsmustern, Designs und Marken, sowie auf urheberrechtliche Abmahnungen übertragen werden wird. Mit dem Urteil des BFH könnte auch das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 30.11.2016, 7 K 7078/15, nunmehr überholt sein. Dieses hatte die Umsatzsteuerpflicht im Bereich urheberrechtlicher Abmahnungen kurz zuvor noch verneint.
Die weitere Entwicklung bleibt somit abzuwarten. Wir werden Sie hierüber in Kenntnis halten.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich jederzeit gerne zur Verfügung. Bei Bedarf können wir Ihnen das Urteil des BFH gerne im Volltext zur Verfügung stellen.
"Artikel 5 Abs. 1 und 5 der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass Handlungen der vorübergehenden Vervielfältigung eines urheberrechtlich geschützten Werkes durch Streaming von der Webseite eines Dritten, auf der dieses Werk ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers angeboten wird, auf einem multimedialen Medienspieler wie dem im Ausgangsverfahren fraglichen nicht die in dieser Vorschrift festgesetzten Voraussetzungen erfüllen."
(Leitsatz 2, EuGH vom 26.04.2017 – C 527/15)
Newsletter 05/2018
Urteil des EuGH vom 26.04.2017 – C-527/15
Urheberrechtsverletzung durch Streaming
Das in der Presse und in den Medien genannte neuere Urteil des EuGH zum Streamen von Filmen und Musikstücken stützt die bisherige Rechtsprechung des BGH und fundamentiert damit dessen Rechtsprechung.
Nach der Rechtsprechung des BGH ist Streaming aus einer Streamingquelle, soweit es sich nicht um offensichtlich rechtswidrige Inhalte und eine offensichtlich „dubiose Quelle“ handelt, legal.
Zwar hat der BGH korrekt ausgeführt, dass es sich beim Streamen nicht um ein Vervielfältigen im Sinne des Urheberrechts handelt, sondern lediglich um eine Zwischenspeicherung von Daten im Cache. Dennoch ist es urheberrechtlich bedenklich, wenn es sich für einen Nutzer aufdrängt, dass es sich bei der Quelle um eine „nicht rechtmäßige bzw. dubiose Quelle“ handelt und es sich dem Nutzer aufdrängt, dass die an der Quelle veröffentlichten urheberrechtlichen Daten offensichtlich einem Schutz unterliegen.
Dies hat sich einem Nutzer dann aufzudrängen, wenn es sich um Filme oder Musikstücke handelt, die legal eigentlich nicht öffentlich zugänglich sein könnten. Dies ist beispielsweise bei Filmen der Fall, die erst kürzlich im Kino angelaufen sind und/oder deren Vertrieb über DVD oder sonstige Medien erst begonnen hat.
Bei Filmen, die bereits im Fernsehen (öffentlich rechtliches Fernsehen) wiedergegeben worden sind, ist dies nicht der Fall.
Im Weiteren ist die Quelle selbst vom Nutzer zu überprüfen. Bei „dubiosen“ Quellen hat der Nutzer eher davon auszugehen, dass es sich um nicht rechtmäßige Quellen handelt.
Daher sind die Ausführungen die aufgrund des vorgenannten Urteils des EuGH in den Medien getätigt wurden, dass Streamen als allgemein unzulässig anzusehen ist, unrichtig.
Es ist vielmehr richtig, dass stets vor dem Streamen zu prüfen ist, ob es sich um eine öffentliche und vertrauenswürdige Quelle handelt und ob es überhaupt sein kann, dass über die angefragte Quelle entsprechende Daten legal bereitgestellt werden können und dürfen. Es liegt daher, wie immer, in der Entscheidung des Nutzers selbst. Drängt sich aber für den Nutzer auf, dass es sich um unzulässige Quellen, dubiose Quellen oder eigentlich nicht frei verfügbare Daten handelt, so ist ein Streaming in einem solchen Fall als rechtswidrig anzusehen.
Falls Sie wünschen, können wir Ihnen das EuGH-Urteil gerne im Volltext zur Verfügung stellen. Hierzu bitten wir um Ihre entsprechende schriftliche Mitteilung.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich jederzeit gerne zur Verfügung.
„Händler, die auf der Internet-Verkaufsplattform Amazon-Marketplace Produkte zum Verkauf anbieten, trifft eine Überwachungs- und Prüfungspflicht auf mögliche Veränderungen der Produktbeschreibungen ihrer Angebote, die selbstständig von Dritten vorgenommen werden, wenn der Plattformbetreiber derartige Angebotsänderungen zulässt.“
(Leitsatz des BGH, Urt. v. 03.03.2016, I ZR 140/14, GRUR 2016, 936)
Newsletter 04/2017
Urteil des BGH vom 03.03.2016 – I ZR 140/14
Haftung für Angebote bei Amazon
Aus gegebenem Anlass möchten wir Sie auf zwei Urteile des Bundesgerichtshofs vom 03.03.2016 für Angebote bei Amazon und ähnlichen Verkaufsplattformen hinweisen.
Überwachungs- und Prüfpflichten bei Angebotsmanipulationen
In einem Urteil vom 03.03.2016 (I ZR 140/14, GRUR 2016, 936) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass derjenige, der ein Produktangebot auf Amazon erstellt hat, selbst dann für eine Markenverletzung haftet, wenn die Produktbeschreibung nachträglich von einem Dritten verändert wird und sich hieraus eine Markenverletzung ergibt. Dem hat der BGH folgende Feststellungen zu Grunde gelegt:
„Um eine Ware über Amazon-Marketplace anzubieten, gibt der erste Anbieter eines Produkts seine Produktinformationen (etwa Produktnamen, Hersteller, Marke) in eine von Amazon bereitgestellte Maske ein, die dann als digitale Katalogseite für Kaufinteressenten mit einem Foto des Produkts abrufbar ist. Stellen danach andere Händler das gleiche Produkt bei Amazon-Marketplace zum Verkauf ein, werden sie regelmäßig auf der bereits erstellten Katalogseite des ersten Anbieters gelistet, auf der nach der Gesamtzahl der Angebote für das Produkt – aufgeteilt in neu und gebraucht – genannt wird. Die anderen Verkäufer können die bei Amazon eingegebene Produktbeschreibung ohne Zustimmung oder Einflussmöglichkeit des ursprünglichen Erstellers nachträglich uneingeschränkt ändern.“
Daher stelle nach Auffassung des BGH die Erstellung eines Angebots auf Amazon ein Verhalten dar, dass die Gefahr von Rechtsverletzungen mit sich bringt. Aufgrund dessen treffe den Händler eine Überwachungs- und Prüfpflicht:
„Unter diesen Umständen ist dem Beklagten zuzumuten, ein von ihm dauerhaft oder über einen längeren Zeitraum bei Amazon Marketplace eingestelltes Angebot regelmäßig darauf zu überprüfen, ob rechtsverletzende Änderungen vorgenommen worden sind. Kommt er dieser Prüfungspflicht nicht nach, haftet er für durch solche Veränderungen seines Angebots bewirkte Rechtsverletzungen als Störer auf Unterlassung.“
Diese Prüfungspflichten bestehen auch ohne vorherigen Hinweis auf mögliche Rechtsverletzungen. Dabei wurde vom BGH offen gelassen, welcher Rhythmus der Überprüfung von Angeboten als angemessen anzusehen ist. Es wurde jedoch angedeutet, dass möglicherweise schon eine Untätigkeit über einen Zeitraum von knapp 2 Wochen als Verletzung der Prüfpflicht angesehen werden könnte.
Haftung für Herstellerpreisempfehlungen bei Amazon
In einem weiteren Urteil vom selben Tag (I ZR 110/15, GRUR 2016, 961) hat der BGH entschieden, dass Händler auf Verkaufsplattformen wie Amazon auch für irreführende unverbindliche Preisempfehlungen (UVP) haften.
Im entschiedenen Fall war die Bezugnahme auf eine unverbindliche Preisempfehlung irreführend, da die Preisempfehlung des Herstellers im Zeitpunkt der Bezugnahme nicht mehr gültig war. Hier hat der BGH eine Haftung der die Plattform nutzenden Händler angenommen, obwohl nur der Plattformbetreiber UVP angeben oder ändern kann. Hierzu heißt es in dem Urteil:
„Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist im Rahmen eines Angebots auf der Internetplattform www.amazon.de die Angabe einer unverbindlichen Preisempfehlung ebenso wie ihre Veränderung nur dem Plattformbetreiber selbst, nicht aber dem diese Plattform nutzenden Händler möglich. Mit der Nutzung der Plattform lässt der Händler im eigenen Namen ein Angebot veröffentlichen, obwohl er dessen inhaltliche Gestaltung nicht vollständig beherrscht, weil dem Plattformbetreiber die Angabe und Änderung der unverbindlichen Preisempfehlung vorbehalten ist.“
Dennoch haften die Händler nach Auffassung des BGH für vom Plattformbetreiber eingestellte irreführende UVP-Angaben. Hierzu führt der BGH im Urteil aus:
„Die Beklagte hat indem sie dem Plattformbetreiber die Möglichkeit der Einflussnahme auf das Erscheinungsbild ihres Angebots eingeräumt hat, ohne sich ein vertragliches Entscheidungs- oder Kontrollrecht vorzubehalten, die Gewähr für die Richtigkeit der vom Plattformbetreiber vorgenommenen Angaben übernommen.“
Zusammenfassung
Nach den vom BGH statuierten Überwachungs- und Prüfpflichten müssen Anbieter auf Verkaufsplattformen wie beispielsweise Amazon ihre Angebote regelmäßig überprüfen, da sie andernfalls für UWG-Verstöße und Schutzrechtsverletzungen haften, selbst wenn diese auf Angaben des Plattformbetreibers oder Veränderungen durch Dritte beruhen.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.
Newsletter 03/2017
Künstlersozialversicherung
Zum 01.03.2017 ist die neue Regelung zum Urheberrecht in Kraft getreten. Die Änderungen waren im Wesentlichen im Hinblick darauf gerichtet, den Urhebern bessere Rechte bei der Verwertung Ihrer Urheberrechte an die Hand zu geben.
Die u.E. wesentlichen Änderungen beschränken sich auf die §§ 32d, 32e und 40a UrhG.
Diese §§ lauten wie folgt:
§ 32d
Anspruch auf Auskunft und Rechenschaft
(1)
Bei entgeltlicher Einräumung oder Übertragung eines Nutzungsrechts kann der Urheber von seinem Vertragspartner einmal jährlich Auskunft und Rechenschaft über den Umfang der Werknutzung und die hieraus gezogenen Erträge und Vorteile auf Grundlage der im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes üblicherweise vorhandenen Informationen verlangen.
(2)
Der Anspruch nach Absatz 1 ist ausgeschlossen, soweit
der Urheber einen lediglich nachrangigen Beitrag zu einem Werk, einem Produkt oder einer Dienstleistung erbracht hat; nachrangig ist ein Beitrag insbesondere dann, wenn er
1. den Gesamteindruck eines Werkes oder die Beschaffenheit eines Produktes oder einer Dienstleistung wenig prägt, etwa weil er nicht zum typischen Inhalt eines Werkes, eines Produktes oder einer Dienstleistung gehört, oder
2.die Inanspruchnahme des Vertragspartners aus anderen Gründen unverhältnismäßig ist
(3)
Von den Absätzen 1 und 2 kann zum Nachteil des Urhebers nur durch eine Vereinbarung abgewichen werden, die auf einer gemeinsamen Vergütungsregel (§ 36) oder einem Tarifvertrag beruht.
§ 32e
Anspruch auf Auskunft und Rechenschaft in der Lizenzkette
(1)
Hat der Vertragspartner des Urhebers das Nutzungsrecht übertragen oder weitere Nutzungsrechte eingeräumt, so kann der Urheber Auskunft und Rechenschaft nach § 32d Absatz 1 und 2 auch von denjenigen Dritten verlangen,
1. die die Nutzungsvorgänge in der Lizenzkette wirtschaftlich wesentlich bestimmen oder
2. aus deren Erträgnissen oder Vorteilen sich das auffällige Missverhältnis gemäß § 32a Absatz 2 ergibt.
(2)
Für die Geltendmachung der Ansprüche nach Absatz 1 genügt es, dass aufgrund nachprüfbarer Tatsachen klare Anhaltspunkte für deren Voraussetzungen vorliegen.
(3) Von den Absätzen 1 und 2 kann zum Nachteil des Urhebers nur durch eine Vereinbarung abgewichen werden, die auf einer gemeinsamen Vergütungsregel (§ 36) oder einem Tarifvertrag beruht.
§ 40a
Recht zur anderweitigen Verwertung nach zehn Jahren bei pauschaler Vergütung
(1)
Hat der Urheber ein ausschließliches Nutzungsrecht gegen eine pauschale Vergütung eingeräumt, ist er gleichwohl berechtigt, das Werk nach Ablauf von zehn Jahren anderweitig zu verwerten. Für die verbleibende Dauer der Einräumung besteht das Nutzungsrecht des ersten Inhabers als einfaches Nutzungsrecht fort. Die Frist nach Satz 1 beginnt mit der Einräumung des Nutzungsrechts oder, wenn das Werk später abgeliefert wird, mit der Ablieferung. § 38 Absatz 4 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.
(2)
Frühestens fünf Jahre nach dem in Absatz 1 Satz 3 genannten Zeitpunkt können die Vertragspartner die Ausschließlichkeit auf die gesamte Dauer der Nutzungsrechtseinräumung erstrecken.
(3)
Abweichend von Absatz 1 kann der Urheber bei Vertragsschluss ein zeitlich unbeschränktes ausschließliches Nutzungsrecht einräumen, wenn
er einen lediglich nachrangigen Beitrag zu einem Werk, einem Produkt oder einer Dienstleistung erbringt; nachrangig ist ein Beitrag insbesondere dann, wenn er den
1. Gesamteindruck eines Werkes oder die Beschaffenheit eines Produktes oder einer Dienstleistung wenig prägt, etwa weil er nicht zum typischen Inhalt eines Werkes, eines Produktes oder einer Dienstleistung gehört, 2. es sich um ein Werk der Baukunst oder den Entwurf eines solchen Werkes handelt,
3. das Werk mit Zustimmung des Urhebers für eine Marke oder ein sonstiges Kennzeichen, ein Design oder ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster bestimmt ist oder
4. das Werk nicht veröffentlicht werden soll.
(4)
Von den Absätzen 1 bis 3 kann zum Nachteil des Urhebers nur durch eine Vereinbarung abgewichen werden, die auf einer gemeinsamen Vergütungsregel (§ 36) oder einem Tarifvertrag beruht.
In § 32d UrhG ist nunmehr gesetzlich geregelt, dass der Urheber gegen seinen Vertragspartner einen Auskunft- und Rechenschaftserteilungsanspruch besitzt. Dieser Anspruch greift jedoch lediglich bei entgeltlicher Einräumung und Übertragung eines Nutzungsrechts und nur auf Grundlage der im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebs üblicherweise vorhandenen Informationen.
§ 32e UrhG erstreckt den Auskunftsanspruch des Urhebers auf weitere Verwerter in der Lizenzkette (Unterlizenznehmer), da der Auskunftsanspruch nicht nur gegenüber dem direkten Vertragspartner, sondern auch auf den Vertragspartner oder vom Vertragspartner gewährten Unterlizenzen gerichtet ist.
§ 40a UrhG ermöglicht es dem Urheber, der ein ausschließliches Nutzungsrecht an einen Dritten gegeben hat, nach Ablauf von 10 Jahren seine Rechte zur Weiterverwertung oder Neuverwertung zurück zu erlangen. Dies gilt aber nur dann, wenn der Urheber das ausschließlich Nutzungsrecht für eine Dauer von mehr als 10 Jahren gegen eine pauschale Vergütung dem Dritten eingeräumt hat. Bei Ausübung dieses Rechts des Urhebers verliert der ursprüngliche Vertragspartner damit die Exklusivität an der Verwertung des Werkes; es verbleibt ihm aber ein einfaches Nutzungsrecht.
Damit ist dem Urheber aber versperrt sein Recht exklusiv erneut einem Dritten zur Verwertung zu überlassen. Der Urheber kann einem neuen Vertragspartner lediglich eine einfache Lizenz zur Verwertung anbieten.
Zusammenfassung
Die Befürchtung, dass das Urheberrecht erheblich zu Ungunsten der Urheberrechtsverwerter abgeändert werden wird, ist nicht eingetreten. Zugleich sind aber auch die Rechte, die zunächst anscheinend den Urhebern hätten eingeräumt werden sollen, erheblich beschnitten worden.
Zusammenfassend ermöglicht das Gesetz einem Urheber, der seine Rechte exklusiv über mehr als 10 Jahre zur Verwertung einem Dritten gegen eine Pauschalzahlung überlassen hat, seine Rechte (zumindest teilweise) zurück zu erlangen. Außerdem ist durch das Gesetz dem Urheber eine gesetzliche Norm zur Durchsetzung seiner Auskunftsansprüche an die Hand gegeben worden.
Für die Zukunft ist nunmehr abzuwarten, inwieweit von den Gesetzesänderungen durch die Urheber Gebrauch gemacht werden wird.
Sollten Sie weitere Fragen haben oder aber einen vollständigen Auszug des UrhG wünschen, so bitten wir um Kontaktaufnahme mit uns.
Newsletter 02/2017
Geschäftsgeheimnis-Richtlinie
Im Juni 2016 hat die Europäische Union die Richtlinie 2016/943/EU über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung erlassen. Diese Richtlinie muss nun durch den deutschen Gesetzgeber in nationales Recht umgesetzt werden. Die Umsetzung muss bis spätestens Juni 2018 erfolgen. Die Richtlinie selbst entfaltet zwar ohne ihre Umsetzung noch keine Wirkung, wir möchten Sie aber bereits jetzt über die anstehende Entwicklung in Kenntnis setzen.
Nach derzeitiger deutscher Rechtslage werden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse überwiegend strafrechtlich geschützt. Hierzu sehen die §§ 17 ff. UWG Sonderstraftatbestände vor. Der zivilrechtliche Geheimnisschutz wird demgegenüber oft als lückenhaft empfunden.
Es wird zurzeit davon ausgegangen, dass es durch die Umsetzung der Richtlinie zu einem Wechsel zu einem zivilrechtlichen Regelungssystem mit flankierendem strafrechtlichem Schutz kommen wird, das in einem eigenen Gesetz verankert werden könnte.
Nach Artikel 2 Nr. 1 der Richtlinie sind Geschäftsgeheimnisse Informationen, die geheim, deshalb von kommerziellem Wert und Gegenstand von angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen sind. Hierzu gehört neben technischem Know-how auch kaufmännisches Wissen wie beispielsweise Kundendaten oder Marktinformationen. Während nach der bisherigen deutschen Rechtsprechung ein subjektiver Geheimhaltungswille ausreichte, fordert die Richtlinie in Zukunft angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen. Es ist daher zu empfehlen, geheimes Wissen bewusst zu schützen, indem beispielsweise der zugriffsberechtige Personenkreis aktiv beschränkt wird, diese Personen zur Geheimhaltung verpflichtet werden, Dokumente als vertraulich gekennzeichnet und Daten verschlüsselt werden etc.
Die Geschäftsgeheimnis-Richtlinie bestimmt diverse Formen rechtmäßigen und rechtswidrigen Erwerbs von Geschäftsgeheimnissen sowie deren Nutzung und Offenlegung. Zulässig bleibt nach Artikel 3 Abs. 1 a der Richtlinie insbesondere eine unabhängige Parallelentwicklung. Bei Offenbarung einer solchen Parallelentwicklung entfällt der Know-how-Schutz somit auch für den bisherigen Geheimnisträger. Zudem sieht die Richtlinie diverse Ausnahmen vom Geheimnisschutz vor, z.B. zugunsten des investigativen Journalismus (Artikel 5 a) sowie zur Aufdeckung illegaler Tätigkeiten im öffentlichen Interesse („Whistleblowing“, Artikel 5 b).
Aus deutscher Sicht wird es insbesondere beim Reverse Engineering zu einer Änderung der Rechtslage kommen. Nach bisheriger deutscher Rechtsprechung ist Reverse Engineering nur dann zulässig, wenn jeder Fachmann zur Analyse ohne größeren Zeit-, Arbeits- und Kostenaufwand in der Lage wäre. Es ist hingegen unzulässig, wenn ein erheblicher Aufwand erforderlich ist, wobei die Abgrenzung aufgrund der technischen Möglichkeiten kaum noch sicher möglich ist. Die Geschäftsgeheimnis-Richtlinie sieht hingegen – wie auch bereits einige EU-Mitgliedsstaaten und das US-amerikanische Recht – Reverse Engineering als zulässige Form der Informationsgewinnung an. So bestimmt Artikel 3 Abs. 1 b der Geschäftsgeheimnis-Richtlinie, dass die Informationsgewinnung durch „Beobachtung, Untersuchung, Rückbau oder Testen eines Produkts oder Gegenstands, das beziehungsweise der öffentlich verfügbar gemacht wurde oder sich im rechtmäßigen Besitz des Erwerbers der Information befindet, der keiner rechtsgültigen Pflicht zur Beschränkung des Erwerbs des Geschäftsgeheimnisses unterliegt“ zukünftig grundsätzlich rechtmäßig sein soll.
Ähnlich wie auch das Patent-, Marken- und Designrecht sieht die Geschäftsgeheimnis-Richtlinie zivilrechtliche Ansprüche unter anderem auf Unterlassung, Beseitigung, Vernichtung und Rückruf von Produkten sowie Schadensersatz vor. Zudem soll der Geheimnisschutz im Gerichtsprozess verbessert werden, beispielsweise durch einen Ausschluss der Öffentlichkeit sowie eine Beschränkung des beteiligten Personenkreises.
Über die weitere Entwicklung werden wir Sie wie gewohnt in Kenntnis halten.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich jederzeit gerne zur Verfügung.
Newsletter 01/2017
Künstlersozialversicherung
Wir möchten Sie heute auf die Künstlersozialversicherung aufmerksam machen. Diese ist für Sie nicht nur relevant, wenn Sie selbst künstlerisch oder publizistisch tätig sind, sondern auch, wenn Sie Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen.
Die Erfüllung der Abgabe- und Meldepflichten ist in letzter Zeit auch verstärkt Gegenstand von Betriebsprüfungen. § 28p SGB IV sieht hierzu vor, dass eine Prüfung mindestens alle vier Jahre bei Arbeitgebern mit mehr als 19 Beschäftigten und bei mindestens 40 % der Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten erfolgt.
Durch das Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) werden selbstständige Künstler und Publizisten unter bestimmten Voraussetzungen in den Schutz der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung einbezogen. Die Finanzierung erfolgt zur einen Hälfte durch Beiträge der Versicherten, zur anderen Hälfte durch einen Bundeszuschuss und die Künstlersozialabgabe. Diese Beiträge werden von der Künstlersozialkasse erhoben und an die Sozialversicherungsträger abgeführt.
Versicherungs- und Beitragspflicht von selbstständigen Künstlern und Publizisten
Selbstständige Künstler und Publizisten sind nach Maßgabe des § 1 KSVG in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung beitragspflichtig, wenn keine Ausnahme nach den §§ 3 bis 7 KSVG vorliegt.
Künstler ist nach § 2 KSVG, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in ähnlicher Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt. Der Kreis der erfassten Tätigkeiten wird sehr weit ausgelegt. Hierzu hat sich in der Praxis der Künstlersozialkasse ein umfangreicher Katalog an erfassten Berufen herausgebildet. In diversen Fällen ist hierbei eine Abgrenzung von kreativer/eigenschöpferischer Tätigkeit zu beispielsweise handwerklichen oder technischen Betätigungen erforderlich. Bei Bedarf können wir Ihnen hierzu gerne weitere Informationen zukommen lassen.
Die Versicherungspflicht trifft keine abhängig Beschäftigten, sondern nur selbstständig Tätige. Die Tätigkeit muss erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausgeübt werden. Demnach werden beispielsweise rein hobbymäßige Betätigungen nicht erfasst.
Die §§ 3 bis 7 KSVG sehen verschiedene Ausnahmen von der Versicherungspflicht vor, beispielsweise eine Geringfügigkeitsgrenze bei einem Einkommen von nicht mehr als 3.900,00 € im Kalenderjahr oder Befreiungsmöglichkeiten für Berufsanfänger.
Abgabepflicht für Unternehmen
Die Künstlersozialkasse erhebt gem. § 23 KSVG eine Künstlersozialabgabe von Unternehmen, die Leistungen von selbstständigen Künstlern oder Publizisten in Anspruch nehmen bzw. verwerten.
Abgabepflichtig sind beispielsweise nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KSVG Unternehmen, die Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte betreiben. Ebenfalls abgabepflichtig sind nach § 24 Abs. 2 Satz 1 KSVG Unternehmen, die zum Zwecke der Werbung für Ihre eigenen Produkte und Leistungen nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen. Eine nur gelegentliche Auftragserteilung im Sinne dieser Regelung liegt gem. § 24 Abs. 3 KSVG vor, wenn das an selbstständige Künstler oder Publizisten gezahlte Entgelt im Kalenderjahr 450,00 € nicht übersteigt.
Relevant sind hier beispielsweise die Leistungen von Grafikern, Layoutern, Webdesignern oder Werbefotografen. Auch Textil- oder Produktdesigner können Künstler im Sinne des KSVG sein.
Die zu entrichtende Künstlersozialabgabe ergibt sich aus einem festgelegten Abgabesatz (für das Jahr 2017: 4,8 %) der im Kalenderjahr an selbstständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte. Zu dieser Bemessungsgrundlage gehören gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 KSVG auch Entgelte an Künstler und Publizisten, wenn diese selbst nach den §§ 3 bis 7 KSVG nicht versicherungspflichtig sind.
Nicht zur Bemessungsgrundlage zählen hingegen Entgelte, die an eine juristische Person (z.B. eine GmbH) oder eine KG gezahlt werden. Die Abgabepflicht lässt sich demnach vermeiden, wenn nicht der Künstler oder Publizist selbst, sondern eine Agentur in einer der genannten Rechtsformen beauftragt wird. Außerdem gehören rein technische Leistungen (z.B. der Druck einer Werbebroschüre) dann nicht zur Bemessungsgrundlage, wenn sie gesondert beauftragt und nicht vom Künstler eingekauft und weiterberechnet werden.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich jederzeit gerne zur Verfügung.
Die Patenterie GbR
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